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KOMMENTAR: Irrlichtern beenden, Auftrag schnellstens uneingeschränkt umsetzen!

Die Fakten liegen klar auf dem Tisch. Das Bensheimer Stadtparlament hat am 01. Dezember 2020 beschlossen den städtebaulichen Ideenwettbewerb mit den Optionen 0-, 1- und 2-geschossig an der Ostseite des Marktplatzes durchzuführen, wie zuvor von der BI >Bensheimer Marktplatz besser beleben< in einem erfolgreichen Bürgerbegehren erstritten.

Am 15. Juli 2021 wurde dieser Beschluss einstimmig dergestalt erweitert, die entsprechende Ausschreibung des Ideenwettbewerbs über einen von der städtischen Verwaltungsspitze kreierten >Bensheimer Weg< zu erarbeiten.

Mehrere Teams sollten Weg aufzeigen

Mehrere von der Stadtspitze etablierte >Teams< sollten den Weg aufzeigen. Allerdings manifestierte sich bei der Teambesetzung schon hier der erste Fehler: Entscheidungsträger der Stadttochter Marketing- und Entwicklungsgesellschaft Bensheim mbH (MEGB) wurden in Führungsteams aufgenommen.

Wie soll ein ergebnisoffener Prozess aussehen, wenn Interessensvertreter eines Wirtschaftsunternehmens als Grundbesitzer (die MEGB hatte das >Haus am Markt< von der Stadt gekauft und dann abgerissen) bereits mehr als eine Million Euro investiert haben und alleine deshalb ein neues Gebäude errichten müssen, um ihre Investition zu amortisieren?

MEGB-Vertreter müssen wirtschaftlich handeln

Aus kaufmännischen wie auch GmbH-rechtlichen Gründen können – besser: dürfen – die MEGB-Vertreter in diesen Gremien einer Null-Bebauung ihres Grundstücks gar nicht zustimmen und sind aus diesen Gründen als Gremienvertreter in einem solchen Prozess zur angeblich sehr bürgernahen Stadtentwicklung auszuschließen.

Solche Grundregeln sollten einem hauptamtlichen Magistrat in einer mittelständischen Stadt wie Bensheim bekannt sein. Aber damit nicht genug.

Ende Dezember vergangenen Jahres hagelte es bekanntlich von juristischer Seite massive Kritik in Richtung städtisches Bauteam, nachdem das Empfehlungsteam anstatt am Ideenwettbewerb weiter zu arbeiten, einen Verfahrenswechsel angeregt hatte.

Dem Referatsleiter Kommunalaufsicht wurde schwindelig

Dem Referatsleiter Kommunalaufsicht beim Hessischen Innenministerium, dem höchsten kommunalen Aufsichtsgremium, Ulrich Dreßler, platzte der Kragen und es wurde ihm „bei dem ganzen Hin und Her fast schwindelig“, wie er den städtischen Protagonisten zu deren beabsichtigtem Verfahrenswechsel vom Ideenwettbewerb zum Werkstattverfahren kundtat.

„Einen Streitfall, wie er sich bei Ihnen anbahnt“, habe es nach seiner Kenntnis in der hessischen Geschichte des Bürgerentscheids noch nicht gegeben, kommentierte er den städtischen Irrweg.

Auch könne eine Stadt, die bei einem Bürgerentscheid verliert, diese Entscheidung nicht unterlaufen, indem sie drei Jahre lang gar nichts tue. Genauso wenig könne sie einen Abhilfebeschluss durch Aussitzen unterlaufen.

Auch die Architektenkammer positionierte sich eindeutig

Weitere deutliche Aussagen zum städtischen Irrweg kamen Ende Januar in einer weiteren Sitzung des sogenannten Reflexionsteams von hochrangiger Seite der Hessischen Architektenkammer.

Auch hier das klare Statement: der städtebauliche Ideenwettbewerb sei das einzig richtige Verfahren für das Bensheimer Projekt Marktplatz. Ein Werkstattverfahren sei hier deplatziert.

All das aber tangiert die Stadtspitze offenbar nicht im Geringsten, wie das städtische Pressestatement zu dieser Sitzung deutlich macht. Hier werden Fakten – vorsichtig formuliert – mehr als beschönigend zugunsten des seither beschrittenen Irrwegs wiedergegeben.

Erste Stadträtin bemüht als „Totschlagargument“ den angeblichen Ensembleschutz

Und als letztes „Totschlagargument“ bemüht Erste Stadträtin und Baudezernentin Nicole Rauber-Jung in ihrer Jeremiade um den möglichen Verlust eines eingeschossigen Baus für das Cafe Extrablatt jetzt noch angebliche, allerdings längst widerlegte, Vorgaben des Denkmalschutzes, der eine „nullgeschossige Bebauung“ wegen vermeintlichen Ensembleschutzes nicht genehmigen würde.

Die von der BI immer geforderte „würdige Platzgestaltung“ mit einer nullgeschossigen Bebauung soll nach Nicole Rauber-Jungs Vorstellungen im städtebaulichen Ideenwettbewerb folglich unberücksichtigt bleiben und damit auch dem Parlamentsbeschluss zuwider laufen. 

Eine solche Platzgestaltung könnte jedoch den östlichen Marktplatz oben vor der jetzigen Mauer angemessen fassen, ihm allerdings im sogenannten Mittelbereich mit Grün einen völlig anderen Schwerpunkt geben, als ein 1- bis 2-geschossiges Gebäude für Café Extrablatt!

3-Ebenen-Konzept der BI liegt der Verwaltung längst vor

Der jetzige Klotzko-Platz soll in dem 3-Ebenen-Konzept der BI, das der Verwaltung längst vorliegt, erweitert und zu einem Entschleunigungsbereich mit entsprechender Bepflanzung und Sitzgelegenheiten umgestaltet werden.

Der Besucher kann hier oben ohne Konsumzwang Platz nehmen, Schatten genießen, den grandiosen Blick auf die Kirche und den Marktplatz richten und dem Klang des Glockenspiels lauschen.

Das Museum erhält in diesem Konzept mit einem repräsentativen Eingang eventuell in Verbindung mit einem interessanten Kunstobjekt eine dringend benötigte Aufwertung und zieht von der Hauptstraße die Aufmerksamkeit ebenfalls nach oben.

Alleinstellungsmerkmal durch erarbeitetes >Kultur to go-Konzept<

Auch das ebenso dazugehörige >Kultur to go-Konzept< von Klaus Peter Becker würde auf dem Marktplatz einen belebungsfördernden wie zeitgemäßen Akzent setzen und ebenso klar dazu beitragen, dem Marktplatz ein Alleinstellungsmerkmal zu geben.

Der Stadtspitze liegt dieses umfangreiche Konzept des Bensheimer Kulturschaffenden ebenso schon seit rund einem Jahr vor, wie auch die Gestaltungsidee des „3-Ebenen-Konzepts“ zur sogenannten 0-Bebauung oder besser gesagt, 0-geschossigen Bebauung, und die BI drängt darauf, dass sie als Grundlage für die 0-Bebauung in den Ideenwettbewerb aufgenommen wird.

Nur mit der Visualisierung aller drei Optionen ist gute Entscheidungsfindung möglich

Das wurde den Bürgern, die das Bürgerbegehren unterschrieben haben von der BI zugesagt und davon weichen die Vertrauensleute völlig berechtigt auch nicht ab!

Nur mit einer Visualisierung zu 1- und 2-geschossig, aber auch zu 0-geschossiger Bebauung, kann sich der Bürger endlich eine Meinung bilden und sollte in seiner Rolle als Souverän respektiert werden. Nur vor diesem Hintergrund ist eine gute finale und bürgernahe Entscheidungsfindung des Parlaments zum >Marktplatz der Zukunft< möglich.

Abschließend soll jetzt in einer weiteren Sitzung des >Reflexionsteams< noch einmal ein – hoffentlich neutraler Vertreter – aus dem Bereich Denkmalschutz gehört „und dann die vorliegenden Fakten an das Stadtparlament zur weiteren Entscheidung zurückgegeben werden“.

Welcher weiteren Entscheidung? Die Stadtverordneten haben zweimal, zuletzt sogar einstimmig, beschlossen, die Stadtverwaltung solle den städtebaulichen Ideenwettbewerb, wie vom erfolgreichen Bürgerbegehren verlangt, umsetzen.

Führungsstärke ist nunmehr dringend gefragt

Soll dieser Beschluss etwa solange an das Stadtparlament zurückverwiesen werden bis das Ergebnis der Baudezernentin und ihrem Team gefällt? Damit würde das Irrlichtern des städtischen Bauteams zwangsläufig seine Fortsetzung finden. Hier ist nunmehr Führungsstärke der Bürgermeisterin zwingend gefragt.

Wenn Frau Rauber-Jung jetzt beanstandet, eine 0-geschossige Variante sei nicht zulässig, dann muss sie sich fragen lassen, weshalb sie den Parlamentsbeschlüssen vom 01.12.2020 und 15.07.2021 nicht pflichtgemäß nach §63 der Hessischen Gemeindeordnung gesetzeskonform innerhalb von zwei Wochen widersprochen hat?

Nach inzwischen mehr als 14 verlorenen Monaten lautet die für das städtische Bauteam einzig verbleibende Aufgabe das Irrlichtern im Rathaus schnellstens zu beenden und unverzüglich den gesetzmäßigen Auftrag eines städtebaulichen Ideenwettbewerbs uneingeschränkt umzusetzen.

Die Kompetenzfrage in Richtung Bensheimer Stadtspitze hat sich vor diesem Hintergrund jedenfalls erübrigt. Sie ist beantwortet.