BI will „Halbwissen ausräumen“ und setzt auf Vernunft der Bürger
„Wir fangen nicht bei Null an, wie behauptet, setzen vielmehr ausschließlich auf die Ergebnisse des Bürgerdialogs auf!“BENSHEIM. - „Wir sind Bürger für Bürger und wollen Halbwissen ausräumen, damit unsere MitbürgerInnen mit gutem Gefühl zustimmen können“, betont Akram El-Rikabi, einer der Vertrauensleute der Bürgerinitiative >Bensheimer Marktplatz besser beleben<.
Er, wie Gundula Bunge-Glenz und Theo Sartorius, verdeutlichten bei einem Pressegespräch aktuell noch einmal ihr Anliegen für das Bürgerbegehren zu einem ergebnisoffenen Ideenwettbewerb für den Marktplatz der Zukunft in Bensheim.
Dazu bedarf es nach einer gerichtlichen Empfehlung an die noch immer uneinsichtige Spitze der städtischen Verwaltung bis kommenden Freitag, 3. Juli, rund 3.200 Unterschriften wahlberechtigter Bensheimer BürgerInnen.
Das Gericht hatte sich entgegen dreier Rechtsgutachten, die vom Magistrat beauftragt worden waren, klar positioniert und mit der empfohlenen >Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand<, aufgrund der Corona-bedingten Kontaktbeschränkungen der BI eine Fristverlängerung zugebilligt (siehe FACT-Bericht >Verwaltungsgericht sieht Bensheimer Bürgerinitiative im Recht< unter: http://www.de-fakt.de/bundesland/hessen/kreis-bergstrasse/details/?tx_ttnews).
Feindbild völlig unangemessen
„Wir nehmen nichts anderes wahr als das demokratisch legitimierte Instrument eines Bürgerbegehrens“, sagt Gundula Bunge-Glenz. Ein daraus konstruiertes Feindbild sei völlig unangemessen.
In den vergangenen Tagen, wie auch noch bis kommenden Freitag waren die Aktivisten fleißig dabei die noch fehlenden Unterschriften zum Quorum zu sammeln. „Bei den Gesprächen mit den Bürgern bekommen wir sehr viele positive Rückmeldungen, die Resonanz ist gut“, sagte El-Rikabi.
Gundula Bunge-Glenz betonte: „wir fangen nicht bei Null an, wie behauptet, setzen vielmehr ausschließlich auf die Ergebnisse des Bürgerdialogs auf!“ Dort habe sie sich in einem ergebnisoffenen Prozess engagiert unter dem starken Leitgedanken: >Die Bürgerinnen und Bürger sind die Bauherren des Marktplatzes der Zukunft<.
„Viel gelungen, aber dann kamen Unsauberkeiten“
In einer von gegenseitigem Respekt geprägten Diskussion sei dort viel gelungen. „Aber dann kamen Unsauberkeiten.“ So wie die BI einen Ideenwettbewerb verstehe, habe dort Parteitaktik nichts verloren „und bleibt bei uns auch außen vor“.
Theo Sartorius, selbst erfahrener Städteplaner und langjähriger Baudezernent der Stadt, lenkte den Fokus auf einen fachlichen Aspekt. „Der von der Stadtverwaltung ausgeschriebene Wettbewerb bezieht sich ausschließlich auf ein Gebäude mit etwas schmückendem Beiwerk.“
Die Stadtverordnetenversammlung habe keinen Ideenwettbewerb, sondern auf Basis der Verwaltungsvorlage einen Hochbauwettbewerb beschlossen. Das widerspreche den im Bürgerdialog fixierten Optionen, die eine Bandbreite von keiner Bebauung bis hin zu einem zweigeschossigen Gebäude alle Möglichkeiten beinhalteten, verdeutlichte der Fachmann.
„Irre Herausforderung für große, namhafte Architektenbüros“
Seine Aussage untermauerte er mit der Feststellung, dass die Festlegung auf ein eingeschossiges Gebäude keinerlei Freiräume für Kreativität lassen. „Was soll ein Architekt denn gestalten, wenn sowohl die Höhe eines Gebäudes als auch ein Flachdach bereits festgelegt sind?“
Es verbleibe hier bei 20 bis 25 Metern Breite lediglich die Gestaltung der vier bis fünf Meter hohen Fassade, weil drei Gebäudeseiten im Erdreich verschwinden. Es sei „eine irre Herausforderung für große, namhafte Architektenbüros“ wenn man gerade noch die Größe der Fenster einer Fassade und darüber hinaus noch das Geländer des begehbaren Flachdachs gestalten könne, erging sich Sartorius in Ironie.
Für eine solche Aufgabe bedürfe es keines Wettbewerbs, und der damit verbundenen Kosten. „Das könnte jeder vor Ort ansässige Architekt in fünf Stunden erledigen.“
Er habe es in seiner langjährigen Praxis mehrfach erlebt, dass namhafte Büros bei einer solchen Aufgabenstellung erst gar keine Bewerbung abgeben würden, weil die genannten Vorgaben „überhaupt keinen Spielraum mehr zulassen. Das ist unwürdig für den Bensheimer Marktplatz.“
„Wären alle Netzwerk-Optionen ausgeschrieben, würde es uns nicht geben“
Hätte man analog der im Schlussbericht des Bürgernetzwerks im Dezember 2019 festgehaltenen Optionen einen Ideenwettbewerb ausgeschrieben „würde es uns nicht geben“, sagte Theo Sartorius.
Die BI sei erst auf den Plan getreten, nachdem „der Netzwerktext in wesentlichen Teilen von der Stadtverwaltung ausgehebelt worden waren“. Möglicherweise hätten „die selbsternannten Stadtentwickler den Netzwerktext nicht gelesen oder nicht verstanden“.
Er frage sich auch, sagte Sartorius, woher die Angst der Protagonisten vor der BI käme: „Ist das Unsicherheit fachlicher oder politischer Natur? Wir jedenfalls treten immer ein für demokratisches Recht.“
Bürgermeister Rolf Richter empfahl Sartorius „mehr Offenheit, Lockerheit und Respekt vor dem Amt, seinen Mitarbeitern und den Bürgern“. Der Wettbewerb sei nach wie vor noch ohne wesentliche Verzögerung abzuändern.
Er beobachte mit Spannung, wie sich die Architektenkammer zu der jetzt vorliegenden „dürftigen Aufgabenstellung“ positioniere. Die Standesvertretung sei nämlich immer darauf bedacht „vernünftige Lösungen“ herbeizuführen.