Kreative Steuertricks verhindern wichtige Investitionen des Staates

Lothar Binding, Obmann des Finanzauschusses im Deutschen Bundestag, referierte in Bensheim vor der Arbeitsgemeinschaft 60plus der SPD Bergstraße.
KREIS BERGSTRASSE / BENSHEIM. - Auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft 60plus der SPD Bergstraße referierte Lothar Binding, Obmann des Finanzauschusses im Deutschen Bundestag, über Themen der Finanzpolitik.
Im gut besuchten Seniorentreff in Bensheim nahm Binding zu einem vorab zugeschickten 15 Punkte-Fragenkatalog Stellung.
Der Themenumfang zeigte - entgegen landläufiger Meinung - dass sich die ältere Generation keineswegs nur um ihre Interessen kümmert, sondern vielmehr ein breites Spektrum politisch brisanter Themen im Auge hat.
Schließlich machen sich viele auch Sorgen um das künftige Lebensumfeld ihrer Kinder und Enkel. Themen der Finanzpolitik stehen dabei ganz oben.
Binding zählte in seinem Beitrag dann auch gleich einige Schwerpunkte auf, die von der SPD in Abgleich mit dem Koalitionspartner noch aufgegriffen werden sollen. Die Möglichkeiten "kreativer Steuertricks" sollten verringert werden, da die entgangenen Gelder wichtige Investitionen des Staates verhindern.
Aber auch einem angemessenen Lastenausgleich zwischen Arm und Reich fehlen diese Mittel, denn eine Verschiebung der Einkommens- und Vermögenssituation bedroht den inneren Frieden. Dazu brachte Binding ein anschauliches Beispiel: Er berichtete von einem Unternehmer, der sich über die Erbschaftssteuer beklagte.
Binding rechnete ihm vor, dass sein Vermögen einerseits aus einem gut dotierten Jahresgehalt stamme, andererseits aber auch das Ergebnis der Arbeitsleistung seiner Mitarbeiter sei. Deshalb sollte man die Mitarbeiter auch angemessen an den Überschüssen und dem aufgelaufenen Vermögen beteiligen. Dies kann z.B. über eine entsprechende Erbschaftssteuer geschehen, die der Allgemeinheit zugute kommt.
In der anschließenden Diskussion kritisierten die Teilnehmer die Unfähigkeit der Politik, Steuerschlupflöcher in den Griff zu bekommen, während Einkommenserhöhungen bei Kleinverdienern und Rentnern durch die Steuerprogression wieder aufgezehrt werden. Binding sah hier auch Handlungsbedarf, verwies aber auf die nötige Zustimmung durch den Koalitionspartner.
Erwähnenswert sind aber auch sogenannte "Heimliche Steuern": Dazu zählt z.B. die EEG-Strompreis-Umlage, von der etliche Großverbraucher befreit sind, wodurch sich der Anteil für die Normalverbraucher erhöht. Oder aber auch die Rundfunkgebühren, die eigentlich eine Steuer sind und deren Höhe umstritten ist.
Auch die Besteuerung der Renten, die in einigen Fällen sogar zu Doppelbesteuerung führen kann, erwähnte Binding. Weiters die Krankenkassen-Beiträge auf Betriebsrenten, obwohl schon von der Rentenversicherung ein entsprechender Betrag aus der Rente abgeführt wird.
Und schließlich ist auch noch die Pflegeversicherung zu erwähnen, die nicht von der Rentenkasse, sondern aus Steuermitteln zu finanzieren ist. Dem Vorwurf, dass fast 100 Milliarden Euro jährlich aus Steuermitteln in die Rentenkasse fließen, hielt Lothar Binding entgegen, dass dies den Ausgleich für sogenannte rentenfremde Ausgabenposten darstellt.
Die äußerst engagierte Diskussion musste leider bedingt durch den Zeitrahmen ziemlich abrupt beendet werden. Der Vorsitzende Dieter Öhler bedankte sich bei Lothar Binding für diesen sehr informativen Beitrag.