Klimawandel im Wald: Grüne betrachten Zustand des Niederwaldes
BENSHEIM. - Klimawandel, Trockenheit und neue Krankheiten machen dem Wald zu schaffen. Viel Interessantes erfuhr die Gruppe von mehr als 25 Teilnehmern, die im Rahmen des Sommerprogramms der Fraktion der Grünen Liste Bensheim (GLB) von der Fraktionsvorsitzenden Doris Sterzelmaier begrüßt wurden.
Mit Fahrrädern wurde der Niederwald erkundet. Revierförster Dirk Ruis-Eckhardt und der Student des Forstingenieurwesens im Praktikum, Kai Hagenbruch, führten zuerst an den östlichen Waldrand zum 2014 gepflanzten Hessentagswald.
Aus den damals in den Boden gelegten Eicheln und gepflanzten Kirschen ist mit natürlich angesätem Ahorn inzwischen ein Wäldchen entstanden. Überwuchernde Brombeeren und bedrängende Baumarten werden in einer sogenannten Mischwuchsregulierung regelmäßig entfernt.
Ziel ist es, einen standortgerechten Wald zu kultivieren, der dem Klimawandel standhält. Ein guter Laub-Mischwald habe die besten Voraussetzungen, sagt Ruis-Eckhardt.
In Bensheim mit seinen 850 Hektar Waldbestand lägen wir mit 86 % gemischten Laubwald und 14 % Nadelwald weitaus besser als der Landesdurchschnitt. Vorbei am See radelte die Gruppe in den nördlichen Niederwald. Dort sind Trockenschäden an den lichten Baumkronen gut zu erkennen.
Kai Hagenbruch berichtete von sinkenden Grundwasserständen, die sich von durchschnittlich minus zwei Metern in den 1960er Jahren auf bis zu minus sechs Meter in den 1970er Jahren und nach der Rheininfiltrierung ab den 1990ern auf durchschnittlich minus 3,50 Meter eingependelt haben.
Das Ried ist Trinkwasserspeicher und liefert Wasser an viele tausend Menschen im Umkreis bis nach Frankfurt. Dem Wald fehlt dieses Wasser, der Klimawandel verschärft die Situation und die Förster haben mit viel mehr Totholz zu kämpfen.
In einer Diskussion, an der auch Andreas Rossa vom BUND teilnahm, wurde deutlich: Sparsamer Umgang mit Wasser, mehr Versickerung und verringerte Wasserentnahme sind wichtig.
Die Forstwirtschaft hat mit fallenden Holzpreisen zu kämpfen. In Bensheim wird daher - weil unwirtschaftlich und nicht nachhaltig - weit weniger eingeschlagen. Erstmals wird 2021 mit einem deutlichen Minus kalkuliert. Ein Problem ist der steigende Totholzanteil, der zu mehr Kosten führt.
Die Sicherheit der Waldwege für die Waldbesucher ist kostenintensiv zu gewährleisten. Immer öfter müssen umgestürzte Bäume oder herabgefallene Äste von Wanderwegen entfernt werden.
Auch die Unfallhäufigkeit im Forst ist durch steigenden Totholzanteil gestiegen, und das Entfernen der Bäume mit der Hand durch „Keilen“ oft nicht möglich und muss maschinell mit dem Schlepper erfolgen.
Weiter ging es zur schätzungsweise 300 Jahren alten Eiche, die im ausgewiesenen Abschnitt des Naturwaldes steht. Dieser Teil wurde 2010 aus der forstwirtschaftlichen Nutzung genommen und wird - bis auf die Verkehrssicherung - sich selbst überlassen.
In den abgestorbenen Bäumen finden Käfer, Insekten und Flechten neuen Lebensraum. Die Grünen erinnerten daran, dass sie sich für die Ausweisungen von Naturwald in Bensheim eingesetzt haben. Inzwischen sind es mehr als 20 Hektar.
An einer anderen Stelle im Wald wurde ein kleines Weisergatter gezeigt, in welchem Baumarten wie Eiche oder Kirsche wesentlich häufiger vorkommen als außerhalb. Der Rehverbiss konzentriert sich auf eben diese selteneren Arten und macht es nötig, dass konsequent gejagt wird.
Diese „Lieblingsbaumsorten“ der Rehe haben sonst gegenüber der Buche keine Chance zu wachsen und es würde nicht der gewünschte Mischwald entstehen. Unter den Teilnehmern waren auch Jagdpächter, die zuständig sind, dass der Wildbestand im Gleichgewicht bleibt.
Damit sind sie auch eine wichtige Stütze für den Forst, um einen klimastabilen Mischwald zu erreichen. Der Bürgermeisterkandidat der Grünen, Manfred Kern, der ebenfalls an der Radtour teilgenommen hatte, bedankte sich beim Förster mit den Worten: „Uns verbindet die Erkenntnis, wie gut und wichtig Vielfalt ist – im Wald, aber auch in der Gesellschaft.“
Der Wald sei sehr bedeutend und es bedürfe unser aller Anstrengungen, ihn überlebensfähig zu machen und für nachfolgende Generationen zu erhalten.
Diese Erkenntnis wurde mit der Radtour durch den Niederwald nochmals bestätigt und die Fraktion der Grünen Liste dankte für das große Interesse an der Veranstaltung.