KOMMENTAR: Wess' Brot ich ess', dess' Lied ich sing'
Auch ein alternder Lokaljournalist sollte eigentlich nach sechs Monaten noch wissen, was er vor einem halben Jahr an geistigen Ergüssen von sich gegeben hat. Eigentlich. In Bensheim folgen jedoch die politisch verfilzten Strukturen, und mit ihnen auch ihre Erfüllungsgehilfen, anderen Pfaden.
Hier hat ausschließlich das ökonomische Prinzip >Quid pro quo< Priorität. Das beginnt mit den beiden Richter Brüdern, die sich, von parlamentarischen Gremien ungehindert, die Bälle gegenseitig „zuspielen“.
Dabei werden rechtliche Grenzen, in der HGO unter §25 mit „Widerstreit der Interessen“ verankert, von den Protagonisten ebenso überschritten, wie von den städtischen Gremien geduldet.
Mietvertrag ohne Rücktrittsklausel für nicht existierendes Gebäude
Während der eine, Helmut, Geschäftsführer der stadteigenen Marketing- und Entwicklungsgesellschaft (MEGB) mbH, munter und „frei Schnauze“ wie mit der Immobilien-GmbH der >Cafe-Extrablatt-Holding< offenbar unwissend und blauäugig einen höchst riskanten Mietvertrag für ein noch nicht existentes Gebäude ohne jegliche Rücktrittsklausel schließt, lässt der andere, Rolf, von Beruf Jurist und Bürgermeister, und als solcher im Aufsichtsrat der MEGB, diesen offensichtlich ungeprüft passieren.
Und zieht dann selbst noch die Reißleine beim Bau des geplanten >Hauses am Markt 2.0< . Er widersetzte sich damit nicht nur zunächst im Alleingang, und erst nachträglich von seinen willfährigen Gefolgsleuten sanktioniert, einem klaren Auftrag der Legislative, sondern setzt die Stadt mangels Rücktrittsklausel in der Vertragsgestaltung seines Bruders hochriskanten Regressforderungen in unbekannter, nach oben völlig offener Höhe aus.
Wohl nur vor diesem Hintergrund versteht sich die absolute und erneut rechtswidrige Geheimhaltung der möglichen, nach Angaben der Verwaltung durchaus bekannten, Regressforderungen der >Cafe-Extrablatt- Immobilien-GmbH< vor den städtischen Gremien.
Vertrags-Fauxpas nachträglich sanktionieren
Nur um diesen Vertrags-Fauxpas nachträglich zu sanieren, und keinen der beiden Brüder am Pranger wiederzufinden, muss nun wohl auf Biegen und Brechen am Standort des früheren >Haus am Markt< ein der Holding der Cafe-Extrablatt-GmbH genehmes Gebäude errichtet werden, damit die Stadt den drohenden Regressforderungen entgeht und die beiden Brüder ihre vermeintlich weiße Weste behalten können.
In diesem „Ballgeschiebe“ der beiden Brüder nehmen die Frontleute des Netzwerks zwischenzeitlich ebenfalls eine unrühmliche Rolle ein. Wenn Netzwerk-Moderator Karl-Heinz Schlitt feststellt, ein Dialogprozess brauche zum Ende ein Ergebnis, ist dem nicht zu widersprechen.
Dieses Ergebnis hat Schlitt höchstselbst in seinem Schlussbericht vom 02. Dezember vergangenen Jahres als Empfehlung der im Netzwerk angesiedelten Architektengruppe zur Aufnahme in das städtische Eckpunktepapier u.a. wie folgt definiert:
„Der Auslobungstext sollte Aussagen zu allen drei verbliebenen Handlungsoptionen enthalten: keine Bebauung, 1-geschossiges Gebäude, 2-geschossiges Gebäude.“
Stadtverwaltung ist längst von den festgezurrten Parametern abgewichen
Aktuell „erhebt“ er das BI-Ansinnen, das nichts anderes als genau diese Eckpunkte einfordert, zum Dilemma. Seine dazu wirre Aussage, „es wird nicht nach Ergebnissen gesucht, sondern es werden mehrere Varianten vorgeschlagen, die sich noch dazu gegenseitig ausschließen“, können somit nur in der vom Volksmund präzisierten Erkenntnis münden: Hättest Du geschwiegen, wärst Du Philosoph geblieben!
Insbesondere nimmt die Aussage des Moderators, das Bürgernetzwerk werde ein Abweichen von den festgelegten Parametern nicht mittragen und sich für einen solchen Fall „aus dem Verfahren verabschieden“ kroteske Züge an und wirft die Frage auf, weshalb dieser Abschied nicht längst vollzogen ist?
Denn mit ihrem Eckpunktepapier und der willkürlichen Festlegung auf ein eingeschossiges Gebäude am alten Standort des Hauses am Markt ist die Stadtverwaltung längst von den im Dialog festgezurrten Parametern abgewichen.
Besorgniserregende Rückschlüsse auf offenbar rasch fortschreitenden Alterungsprozess
Fakt ist, wäre die Stadtverwaltung den vom Netzwerk empfohlenen Ergebnissen des Bürgerdialogs in ihrem Eckpunktepapier gefolgt, hätte sich jedwede BI-Aktivität von Beginn an ausgeschlossen.
Wenn Netzwerk-Initiator Schlitt aktuell auch bemängelt, das Gericht habe sich nicht zu den Inhalten des BI-Anliegens geäußert, und der Begriff „ergebnisoffen“ werde nun falsch interpretiert, lässt das angesichts seiner eigenen Empfehlungen im Schlussbericht besorgniserregende Rückschlüsse auf einen offenbar rasch fortschreitenden Alterungsprozess zu.
Möglich aber auch, dass der Netzwerk-Moderator klandestin nicht nur temporär wie beim Dialogprozess zum >Haus am Markt< (via Trägerverein Transforum) auf der städtischen Payroll geführt wird, sondern weitere Ambitionen dieser Art hegt.
45.000 Euro aus der Stadtkasse für „ehrenamtliche“ Leistungen
Zur Durchführung des Dialogprozesses und insbesondere zur Entlohnung des Moderators Schlitt hat der Bürgermeister die klamme Stadtkasse bekanntlich um weitere 20.000 Euro erleichtert. Weitere 25.000 Euro wurden von der Stadt via Transforum an das angeblich ehrenamtlich tätige Netzwerk für Marketingleistungen gezahlt.
Womit sich der Kreis zum oben zitierten ökonomischen Prinzip >Quid pro quo< schließt. BergsträßerInnen bezeichnen das gerne auch so: Wess' Brot ich ess', dess' Lied ich sing'.
Politik ist was für Profis - Ergebnisüberwachung auch
Dagmar Rosenfelds kürzlich in der >Welt< erschienenen Kommentar „Politik ist was für Profis“, ist uneingeschränkt zuzustimmen.
Bleibt zu ergänzen: Moderation und Überwachung der fixierten guten Ergebnisse eines Dialogs ist ebenfalls ausschließlich was für Profis und sollte keinesfalls gekauften Vasallen irgendwelcher Provinzpolitiker überlassen werden.