Flächendeckend Schwarzstörche und Greifvögel im Odenwald
ODENWALD / HANDSCHUHSHEIM. - Der Verein zur Förderung von Bürgerwissenschaften, Richard Leiner, hatte am vergangenen Mittwoch in Heidelberg-Handschuhsheim zu einem Vortrag über den Schwarzstorch und Greifvogelarten im Odenwald eingeladen.
Vor großem Publikum im bis auf den letzten Platz besetzten Saal des Alten Rathauses referierte der Vorsitzende des Naturschutzvereins MUNA e.V., Dirk Bernd, über den imposanten, seltenen und streng geschützten Großvogel, dessen Lebensweise, Verbreitung und über die Gefahrenquellen, denen er ausgesetzt ist.
Entgegen der bis vor einigen Jahren verbreiteten Meinung, dass der Schwarzstorch im Odenwald nicht vorkomme, konnte der Verein MUNA e.V. durch mehrjährige Untersuchungen und Kartierungen einen flächendeckenden Bestand von 14 bis 18 Paaren im gesamten Odenwald belegen.
In diesem Jahr gelang es, gleich mehrere Horste ausfindig zu machen. Dirk Bernd erläuterte, wie schwierig und zeitaufwändig sich die Suche nach Horsten gestaltet.
Zudem benötigen die Beobachter zur Erfassung ein geschultes Auge, um den Thermik- und Segelflieger über Entfernungen von mehreren Kilometern oder auch auf kurzer Distanz gut getarnt vor den bewaldeten Höhenrücken des Odenwaldes überhaupt erkennen zu können.
Der Schwarzstorch steuert bei seinen weiträumigen, bis zu 10 km reichenden Nahrungssuchflügen vor allem fisch- und amphibienreiche Fließgewässer, Wiesengräben und Feuchtwiesen sowie Seen, Teiche und sogar Wildschweinsuhlen an.
Der Schwarzstorch brütet nicht, wie bisher angenommen, ausschließlich tief in den Wäldern, sondern nutzt - vermutlich aufgrund des Fehlens geeigneter Altbestände in den ausgeräumten Wirtschaftswäldern - sogar Horstbäume direkt an Wirtschaftswegen, wie Dirk Bernd in 2018 beobachten konnte.
Weiterhin zeigte er Gefährdungsursachen, meist ausgelöst durch Windindustrievorhaben auf, wo einzelne Horste beschossen und Horstbäume gefällt wurden.
Die Nutzung des Lebensraumes unterliegt einer hohen Dynamik, so werden Bruthorste meist nicht länger als 3 Jahre genutzt und müssen aufgrund forstlicher Eingriffe oder sonstiger Störungen an anderer Stelle neu errichtet werden.
An mehreren schon bestehenden Windkraftanlagen im Odenwald, wie am „Stillfüssel“ bei Wald-Michelbach und „Kahlberg“ bei Fürth, wurde beispielhaft aufgezeigt, dass Schwarzstörche Windkraftanlagen nicht meiden, sondern bei ihren Transferflügen die Windparks im unmittelbaren Wirkraum der Rotoren durchfliegen.
Auch der Rotmilan, eine unserer größten heimischen Greifvogelart, mit einem Vorkommen in Deutschland von 50 bis 60% des Weltbestandes, über den Angelika Emig-Brauch von MUNA e.V. anschließend berichtete, meidet Windkraftanlagen nicht.
Vielmehr scheint er förmlich von ihnen angezogen zu werden und sie als Gefahr nicht zu erkennen. Wie der Schwarzstorch, ist auch der Rotmilan ein Segelflieger, der lokal auftretende günstige Luftströmungen und Thermikverhältnisse über den Kuppenlagen der bewaldeten Höhenrücken und somit auch im Bereich von Windkraftanlagen und im direkten Gefahrenbereich der sich drehenden Rotoren nutzt, um energiesparend von Brut- zu Nahrungshabitaten zu gelangen.
Ebenso haben die Untersuchungen gezeigt, dass Rotmilane nicht nur Acker-, Wiesenflächen und Waldrandbereiche bejagen, sondern auch über den Baumkronen geschlossener Wälder, in Windwurfflächen, Waldwiesen und Freiflächen um Windkraftanlagen nach Insekten, Kleinsäugern und Vögeln jagen.
Angesichts eines Hauptaktivitätsradius des Greifvogels um seinen Horststandort von 2 bis 3 km erscheint ein Tabubereich für Windkraftanlagen zu den einzelnen Horsten von 1.500 m, als erheblich zu gering gewählt.
Der Odenwald stellt für den Rotmilan ein Optimalhabitat dar, welches nach bisherigen Ergebnissen von MUNA e.V. eine Siedlungsdichte von 19 Brutpaaren pro 100 km² aufweist. Sogenannte Quellpopulationen, wie es Dichtezentren mit über 10 Brutpaaren pro 100 km² sind, sind essentiell für die Erhaltung der Art.
Die deutschlandweite Bestandsentwicklung des Rotmilans zeigt seit Beginn der 90er Jahre einen kontinuierlichen jährlichen Rückgang von 1,8%. In einigen Flächenbundesländern sank der Bestand analog zum Ausbau der Windenergie um über 50%.
Für die Erhaltung der im Odenwald in hohen Siedlungsdichten vorkommenden Arten Schwarzstorch und Rotmilan ist ein Verzicht der Windenergienutzung als Hauptgefährdungsursache unvermeidbar, so Bernd abschließend.