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Zum Jahresabschluss harsche Kritik an Bensheimer Bürgermeisterin

Einstimmiges Votum für den von den Fraktionen im Bensheimer Stadtparlament gemeinsam geänderten Nachtragshaushalt 2024 inklusive der geänderten Grundsteuer-Hebesätze + + + Haushalts-Sicherungskonzept mehrheitlich gegen die Stimmen der GRÜNEN beschlossen

BENSHEIM. - Die letzte Sitzung der Bensheimer Stadtverordneten im zu Ende gehenden Jahr 2024 war reich gespickt mit politischem Zündstoff, ging es doch um die vom Spitzengremium der Verwaltung, dem Magistrat, vorgeschlagene Erhöhung der Grundsteuer B von seither 620 auf künftig 1.740 Punkte, wie mehrfach berichtet.

Der drohenden „Explosion“ stellten sich alle Fraktionen in seltener Einmütigkeit entgegen und votierten einstimmig für den Nachtragsetat gemäß eines gemeinsamen Änderungsantrags für Hebesätze von 431 Punkte (Grundsteuer A) und 617 Punkte (Grundsteuer B).

Zunächst den Empfehlungen des Landes gefolgt

Dies entspricht zunächst den Empfehlungen des Landes für aufkommensneutrale Hebesätze gemäß der erfolgten Grundsteuerreform (siehe dazu auch FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/kreis-bergstrasse/details/?tx_ttnews).

Dass es sich dabei nur um eine Momentaufnahme handelt und der Hebesatz der Grundsteuer B mit der Verabschiedung des kommenden Haushalts 2025 dann auch rückwirkend zum Jahresbeginn angehoben werden muss, machten Sprecher aller Fraktionen deutlich.

Ebenso klar war indes die Forderung der Parlamentsfraktionen nach Spar- und möglichen anderen Lösungen, um die Grundsteuererhöhung moderater als bisher gefordert zu gestalten.

CDU: „Bürgermeisterin am Steuer eines PKW rast ungebremst auf eine Wand zu“

Dazu bemühte Tobias Heinz, Fraktionschef der CDU, den Vergleich eines mit Bürgermeisterin Christine Klein als Fahrerin besetzten städtischen PKW, der ungebremst auf eine Wand, die das Defizit darstelle, zurase, „und wir Stadtverordnete sitzen auf der Rückbank“.

Die Rathauschefin, zugleich auch Finanzdezernentin der Stadt, steuere dieses Fahrzeug seit Bekanntwerden des enormen Gewerbesteuereinbruchs im Juni dieses Jahres zwar mit verminderter Geschwindigkeit, dennoch aber weiter auf diese Wand zu, ohne mit Verwaltung und dem Magistrat an deren Spitze den Kurs zu ändern.

Lamentiert werde nur über die Wand, die schuld sei, dass sie im Weg stehe. Bensheim sei zu einer Stadt geworden, „in der sich nichts ändert“. Klar sei: „Der Kurs muss geändert werden!“ Man müsse der „Wand“ ausweichen, das finanzielle Desaster verhindern.

„Keine gute Basis für eine Zusammenarbeit, zeugt vielmehr von eigener Ratlosigkeit“

„Wir sind erstaunt, dass Sie als Bürgermeisterin keine Entscheidungen treffen. Statt konkrete Maßnahmen zu liefern, über die wir entscheiden können, wälzen Sie die Verantwortung auf uns Ehrenamtliche ab“, kritisierte Heinz die Bürgermeisterin scharf und ergänzte: „Das ist keine gute Basis für eine Zusammenarbeit, zeugt vielmehr von eigener Ratlosigkeit.“

Der CDU-Fraktionschef stellte klar: „Wir verhindern mit dem gemeinsamen Antrag den extrem hohen Hebesatz von 1.740 Punkten weil uns andere Informationen fehlen.“ Für ihn sei ganz klar, „dieser hohe Hebesatz wäre nicht tragbar“.

Zeit im zweiten Halbjahr 2024 im Rathaus nicht wirklich genutzt

Die Zeit im zweiten Halbjahr 2024 sei im Rathaus nicht wirklich genutzt worden. Die aktuell präsentierten 8,6 Millionen Euro an Einsparungen beinhalteten alleine 5,7 Millionen weniger Umlagen aufgrund des geringeren Gewerbesteueraufkommens, seien folglich keine Einsparungen.

Es bedürfe dringender struktureller Veränderungen, allerdings sei bei der Rathausspitze kein Konzept, kein Plan, erkennbar, um die Situation zu bewältigen, was das Vertrauen, das man in diese Rathausspitze setzen müsse, ins Wanken bringe.

„Müssen Möglichkeit finden, damit Bürger und Gewerbetreibende nicht überfordert werden“

„Ich fordere Sie auf, sich der finanziellen Situation anzunehmen und ernsthaft daran zu arbeiten“, sagte Heinz an die Bürgermeisterin gewandt. „Strukturen müssen geprüft, schleunigst mit Veränderungen begonnen und auf 10 Jahre konsolidiert werden.“

Man werde über den Grundsteuer-Hebesatz noch mal sprechen, wenn der Haushaltsentwurf 2025 vorliege. „Er wird höher werden als der jetzt auf 617 Punkte geänderte Satz, aber nicht so hoch wie von der Verwaltung vorgeschlagen“, skizzierte Tobias Heinz das künftige Procedere.

Der Christdemokrat ergänzte abschließend: „Wir müssen eine Möglichkeit finden, damit Bürger und Gewerbetreibende nicht überfordert werden.“

„Riesige Erhöhung der Grundsteuer B ist unverhältnismäßig, unsolidarisch und unsozial“

„Sind wir im Dezember 2023 von einem Minus von 12,5 Mio Euro ausgegangen, so waren es im November 2024 bei der Einbringung des Nachtrags satte 43,2 Mio Euro Minus und heute zur Beschlusslage haben wir immer noch 38,4 Mio Euro Minus im Ergebnis“, erinnerte Doris Sterzelmaier für die Fraktion der GRÜNEN.

Da aus heutiger Sicht auch in den kommenden Jahren mit geringeren Einnahmen zu rechnen sei, müsse sich am Haushalt grundlegend etwas ändern, um diesen wieder dauerhaft ausgleichen zu können. Die Möglichkeiten stellten sich aus grüner Sicht unterschiedlich dar.

„Nach allen Einnahmen und Ausgaben und Auflösung der Rücklagen entsteht eine Defizit von 18,7 Mio Euro. Allein hier nur auf eine riesige Erhöhung der Grundsteuer B zu setzen, nämlich von derzeit 620 Hebesatzpunkte auf vorgeschlagene 1.740 Punkte (Steigerung von mehr als 280%), ist für uns GRÜNE nicht die Lösung. Dies ist aus unserer Sicht unverhältnismäßig, unsolidarisch und unsozial.“

GRÜNE schlagen 5-Punkte-Lösung vor

Durch andere Verbesserungen im Haushalt könne erreicht werden, dass die Grundsteuer nicht so hoch angehoben werden müsse. Verbesserungen könnten sich aus Sicht der GRÜNEN durch folgende 5 Punkte ergeben:

Einsparungen: Hier sei zu prüfen, wo sinnvoll gespart werden kann. Es habe Vorschläge gegeben durch die Stilllegung von Räumlichkeiten oder eines Sportplatzes Gelder einzusparen.

„Wir sehen es als fatalen Fehler an, ohne gründliche Prüfung solche pauschalen Entscheidungen zu treffen. Wenn Miete oder Pacht weiter gezahlt werden muss, Fördergelder zurückgegeben und laufende Kosten bestehen bleiben, dann reduzieren wir das kulturelle und sportliche Angebot für alle Bensheimer ohne wirklichen Spareffekt.“

Beim Beispiel der FWG, weniger Veranstaltungen im Theater laufen zu lassen würde das Angebot reduziert und die Unterhaltungskosten blieben. „Sinnvoller wäre, mehr Veranstaltungen ins Theater zu holen, die zu höheren Einnahmen führen.“

Bei den Einsparungen benötigen man Kenntnis: Wie lange laufen die Mietverträge, wie sind die Kündigungsfristen? Müssen erhaltene Fördergelder zurückgezahlt werden? Wenn ja, bis zu welchem Datum?

Was passiert, wenn die Vereinsförderung ganz gestrichen wird?

Wenn man Einrichtungen / Räume schließe, seien Alternativen für die Nutzer aufzuzeigen und die Frage zu klären: Wie teuer sind die Alternativen? „Wenn diese Kosten durch einen Zuschuss als Vereinsförderung wieder gezahlt werden, spart die Stadt nichts.

Was passiert, wenn die Vereinsförderung ganz gestrichen wird? Lösen sich Vereine auf, müssen Tätigkeiten die bisher ehrenamtlich erledigt werden, dann durch externe Dienstleister eingekauft werden? Was spart die Stadt dann? Wollen wir das?

Wenn wir ganze Strukturen ändern. z.B. Eigenbetriebe auflösen, Aufgaben die an den KMB oder die MEGB vergeben wurden, wieder zurückholen in die Kernverwaltung, welche Einsparungen bringt es uns oder kostet es am Ende mehr?“

„Ein Kahlschlag, einfach mal X Prozent überall zu kürzen, ist auch keine Hilfe“

Man erkenne, hier Entscheidungen zu treffen, müsse vorher gut überlegt sein. „Ein Kahlschlag, einfach mal X Prozent überall zu kürzen, ist auch keine Hilfe, wenn nicht überblickt werden kann, was dann unter Umständen ganz verloren geht.“

Eine Haushaltskonsolidierung für Bensheim sei nicht neu. Seit 2013 seien schon Kürzungen und Einsparungen vorgenommen worden, allerdings sei das Defizit nicht so hoch gewesen wie heute. Es sei klar, man müsse sinnvoll sparen.

„Erwarten von der Verwaltung zum Haushalt 2025 eine Liste mit Einsparvorschlägen“

„Als GRÜNE erwarten wir daher von der Verwaltung zum Haushalt 2025 eine Liste mit Einsparvorschlägen und deren Konsequenzen und Bedingungen. Ohne die Hintergründe zu kennen, wollen wir nicht ins Blaue hinein einfach streichen.“

Verbesserungen im Haushalt seien auch möglich durch Einsparungen von Energie – Weniger Strom und Gas zu verbrauchen, spare Geld. Hier habe die Stadt schon vor Jahren auf die sparsamere LED Straßenbeleuchtung umgestellt.

„Aber da geht noch mehr. Regenerative Energie selbst zu erzeugen, durch PV-Anlagen oder Windkraftanlagen und sie selbst zu nutzen, spare auch Geld. Aber nicht nur dies. Bei Windrädern auf städtischem Grund könne Pacht eingenommen werden.

„Kostendeckende Gebühren erheben oder zumindest den Deckungsbeitrag erhöhen“

Eine andere Möglichkeit der Haushaltsverbesserung seien kostendeckende Gebühren zu erheben oder zumindest den Deckungsbeitrag erhöhen. „Den Gebühren stehen immer direkte Leistungen gegenüber. Die Personen, die diese Leistungen nicht nutzen, zahlen auch nicht die Gebühr.“

Hier erinnern die GRÜNEN an Parkgebühren in den Parkhäusern, Tiefgaragen und im öffentlichen Straßenraum. Dazu gebe es seit 2015 ein Parkraumbewirtschaftungskonzept für die Innenstadt von Bensheim, „was uns viel Geld gekostet hat. Aber es wird nicht mehr umgesetzt.“

Die heutige Koalition habe auf die Einnahmen mit Parkscheinautomaten seit 2021 verzichtet. Das Parken derzeit auf dem Beauner Platz in bester Lage, sei kostenlos. Hier werde auf Einnahmen verzichtet. „Die Gebührenstruktur ist für uns GRÜNE ein Thema, welches wir uns zum Haushalt 2025 genau ansehen werden.“

„Strukturen der Verwaltung müssen insgesamt besser betrachtet werden“

Neben diesen Einsparungen und Streichungen würden natürlich auch effizientere Abläufe helfen. Der Abbau von Doppelstrukturen und der intelligente Einsatz von IT – könne helfen, Kosten zu sparen. „Hier müssen die Strukturen der Verwaltung insgesamt besser betrachtet werden“, sagte Sterzelmaier.

Aber auch hier brauche man die Vorschläge der Verwaltung. „Von außen können wir das nicht einfach erkennen und mal so beantragen“, mahnte die GRÜNE-Fraktionschefin.

Da diese Vorschläge nicht schnell und schon gar nicht bis zum Jahresende 2024 umgesetzt werden können, werden man eine zeitweise Steuererhöhung nicht vermeiden können. Dies sei sicher allen bewusst.

„Wie hoch muss die Erhöhung ausfallen und für wie lange wird sie benötigt?“

„Die Frage ist, wie hoch muss die Erhöhung ausfallen und für wie lange wird sie benötigt? Für uns GRÜNE ist auch klar, nicht nur die Grundstückseigentümer und in der Folge die Mieter sollen zahlen. Auch die Gewerbetreibenden müssen ihren Beitrag leisten, in Form einer höheren Gewerbesteuer.“

Sterzelmaier erinnerte an das kürzlich gemachte Angebot der Wirtschaftsförderung Bensheim, die 800 Gewerbetreibende vertritt. Durch Sponsoringgelder der WFB sollte externe Beratung zur Verbesserung des städtischen Haushaltes finanziert werden.

„Der klassische Weg ist in dem Fall eine Erhöhung der Gewerbesteuer“

Die Prüfungen hatten aber ergeben, dass die Stadt diese Gelder so nicht annehmen darf. „Wir GRÜNE sehen eine andere Lösung, dies möglich zu machen. Der klassische Weg ist in dem Fall eine Erhöhung der Gewerbesteuer“ Klar sei aber auch: Bei einer Verbesserung der Haushaltssituation müssten die Steuern dann auch wieder gesenkt werden.

Der Erstellung einer empfohlenen Nachhaltigkeitssatzung mit Bürgerbeteiligung, die ebenfalls dieses Ziel habe, stehe man offen gegenüber.

Um die Steuererhöhung kalkulieren und unter den vorgeschlagenen 1.740 Punkten bleiben zu können, brauche man die schon angesprochenen Hilfen aus der Verwaltung. „Diese erwarten wir in den kommenden Monaten, bevor im April der Haushalt 2025 beschlossen werden soll. Da müssen die Zahlen auf dem Tisch liegen. Da entscheidet sich, welche Steuerhebesätze nötig sind.“

Gleichzeitig habe die Verwaltung die Grundsteuerreform zum 1.1.25 umzusetzen. Das seien viele Aufgaben. „Wir GRÜNE sind der Meinung, Bensheim braucht wieder einen hauptamtlichen Dezernenten als Kämmerer. Diese Stelle zu streichen wurde von der Koalition zusammen mit der FWG 2022 beschlossen. Aus unserer Sicht ein Fehler“, konstatierte Doris Sterzelmaier für die GRÜNEN.

„Lieber Magistrat, Ihr werdet liefern müssen“

Die Bürger hätten einen Anspruch darauf, „den Zug wieder auf's richtige Gleis zu setzen“, forderte SPD-Fraktionschef Jürgen Kaltwasser den Magistrat auf. Dieser Kraftakt könne gelingen „wenn wir uns nicht selbst dabei im Wege stehen“.

Die aktuelle Finanzmisere sei „in keinster Weise auf Misswirtschaft zurückzuführen“ bewertete der Sozialdemokrat die Situation. „Auch wenn Obersparkommissar Christian Lindner unser Finanzdezernent wäre, hätte er die aktuelle Situation nicht verhindern können“, sinnierte Kaltwasser.

„Unser aller Blick muss nach vorne gehen“, machte der SPD-Fraktionschef Mut und mahnte den Magistrat, ein Grundsteuer-B-Hebesatz mit 1.740 Punkte sei nicht durchführbar. „Lieber Magistrat, Ihr werdet liefern müssen“, forderte er die Mitglieder dieses Gremiums zum Handeln auf.

Die Lasten müssten auf mehreren Schultern ausgewogen und gerecht verteilt werden. Dazu müssten konkrete Verbesserungen vorgenommen werden. Um den Bensheimer Haushalt statt in fünf, wie von den Aufsichtsbehörden gefordert, auf zehn Jahre kosolidieren zu können, müsse die CDU ihrem Innenminister, „und wir unserem Regierungspräsidenten auf den Pelz rücken“, um dieses Ziel zu erreichen.

„Sparen sieht anders aus“

Bensheim habe ein Ausgabeproblem, das zwar über Jahre gutgegangen sei, jetzt aber nach einem Einnahmeproblem seine Wirkung entfalte, sagte FDP-Sprecher Harald Böddinghaus. Er stellte die rhetorische Frage warum man das nicht rechtzeitig erkannt habe. Dazu bedürfe es eines Risikomanagements.

Ein solches fehle seit Jahren, stattdessen sei man im Rathaus „im Blindflug unterwegs“, wie der Liberale konstatierte. Er sehe auch keinerlei Ansätze, das Ausgabeproblem anzugehen. „Sparen sieht anders aus“, kritisierte der FDP-Sprecher.

Franz Apfel: „Bensheim hat das Gegenteil von einem Einnahmeproblem“

Aus der letzten Wahlperiode seien hohe Rücklagen vorhanden gewesen, die der neuen Koalition seit 2021 aus CDU, SPD und FDP den Start erleichtert hätten, rief Franz Apfel, Fraktionschef der Bürger für Bensheim (BfB), in Erinnerung.

Durch den enormen Einbruch bei der Gewerbesteuer in diesem Jahr incl. hoher Rückzahlungsbeträge aus vorhergehenden Jahren seien diese Rücklagen aufgebraucht und der Ergebnishaushalt schließe im Entwurf des Magistrats mit Minus 38,4 Millionen Euro ab.

„Dabei hat Bensheim das Gegenteil von einem Einnahmeproblem. Wir lagen bei der Gewerbesteuer im Kreis einsam und mit hohem Abstand an der Spitze und bekommen trotzdem keinen ausgeglichenen Haushalt hin.“

Bensheim zahle als einzige Kommune im Kreis einen Solidaritätsbeitrag

Bensheim zahle als einzige Kommune im Kreis einen Solidaritätsbeitrag „während andere Kommunen Schlüsselzuweisungen erhalten - das sind teilweise siebenstellige Summen“.

Drei Beispiele nannte Apfel dazu: „2022 erhielten wir den Höchstsatz an Gewerbesteuer mit 61,6 Millionen Euro. 2023 bekamen wir 57,4 Millionen Euro und 2024 war im Haushalt mit 54,6 Millionen Euro geplant.

Durch den Einbruch bei der Gewerbesteuer in 2024 sind es derzeit nur 21,3 Millionen Euro Gewerbesteuer. Viele Kommunen im Kreis wären mit dieser Summe überglücklich.“

Lampertheim beispielweise habe nach einem Gewerbesteuereinbruch in diesem Jahr lediglich 12,5 Millionen Euro zur Verfügung.

Bensheim als „Kreismeister“ bei der Schaffung neuer Gewerbegebiete

„Welche wichtigen Schlüsse können wir den aus dieser Entwicklung ziehen: Bensheim hat in den letzten Jahren immer mehr Gewerbegebiete ausgewiesen, wir sind da mit großem Abstand Kreismeister. Trotzdem steigen unsere Schulden Jahr für Jahr und trotz sehr hoher Gewerbesteuereinnahmen bekommen wir oft ein Defizit im Ergebnishaushalt.

Immer mehr Gewerbegebiete und Wohngebiete bedeutet nämlich auch die Schaffung von teurer Infrastruktur, also von Straßen, von Kindergärten etc.“, konstatierte Franz Apfel.

„Deshalb bitte für die Zukunft: kein Wachstum mehr in Wohn- und Gewerbegebiete. Stattdessen Erhalt unserer Wohn- und Lebensqualität. Immer mehr Gewerbegebiete sind kein Lösungsansatz für unsere Zukunft!“

BfB: Mitte Dezember keine Einsparmöglichkeiten für 2024 mehr möglich

Gerne hätte man im Nachtragsplan stärkere Einsparungen vorgenommen. Aber jetzt Ende Dezember sei das ja kaum noch möglich. Es wäre vorgesehen gewesen, den Nachtragsplan 2024 nach der Sommerpause einzubringen und in der darauf folgenden Parlamentssitzung zu beschliessen.

„Da wäre noch das eine oder andere möglich gewesen“, aber Mitte Dezember sei das nicht mehr möglich. Wegen fehlendem Einsparwillen habe die BfB-Fraktion schon den Haushalt 2024 mit 12,5 Millionen Euro Defizit abgelehnt.

„Ohne Liquiditätskredit droht Zahlungsunfähigkeit der Stadt“

„Viele Änderungs-Anträge unserer BfB-Fraktion und von anderen Oppositionsfraktionen wurden abgelehnt. Heute müssen wir dem Nachtragsplan zustimmen. Es geht vor allem auch um die Gewährung des Liquiditätskredites ohne den die Stadt Bensheim zahlungsunfähig werden könnte.

Das wäre ein schwerer Schaden für unsere Stadt, den wir nicht verantworten wollen. Deshalb werden wir dem Nachtragshaushalt 2024 mit den entsprechenden Änderungen zustimmen.“

Am 24. Juni 2024 seien der Haupt- und Finanzausschuss und die Stadtverordnetenversammlung von der Haushaltssperre und dem einmalig hohen Einbruch der Gewerbesteuer informiert worden. Trotz dieser inzwischen vergangenen 6 Monate liege bis heute kein wesentliches Sparpaket vor.

„Grundsteuer B rauf und alles bleibt schön – das ist die pure Provokation“

Die Antwort der Bürgermeisterin, die auch Finanzdezernentin ist, laute seit dieser Zeit: „wir müssen die Grundsteuer B erhöhen“. Erst auf extrem hohe 1.450 Punkte.

Dann sei herausgekommen, dass ein Rechenfehler vorliegt und dass es zusätzlich Abplanungen aufgrund der negativ verlaufenden Oktober-Steuerschätzung in beträchtlicher Höhe gebe.

„Und schwups lautet der Vorschlag 1.740 Punkte bei der Grundsteuer B. Damit wären wir in Hessen Spitzenreiter. Die negativen Zahlen der Oktober-Steuerschätzung haben niemand motiviert ein Sparpaket auf- und vorzulegen. Also Grundsteuer B rauf und alles bleibt schön. Das ist die pure Provokation.“

„Bürgermeisterin Klein ist gar nicht bewußt ist, was sie da anrichtet“

Er habe das Gefühl, sagte Apfel, „dass unserer Bürgermeisterin Klein gar nicht bewußt ist, was sie da anrichtet. Viele Familien und Alleinstehende und auch kleine Firmen sind finanziell doch längst am Limit.

Da besteht bereits Angst vor der nächsten Nebenkostenabrechnung und da ist die extreme Höhe der vorgeschlagenen Grundsteuer B doch noch gar nicht dabei. Wohnen ist in Bensheim ohnehin schon extrem teuer geworden.“

Wenn jetzt auch noch die Erhöhung der Grundsteuer B in dieser Höhe von 1.740 Punkten komme, dann habe das enorme Auswirkungen in der Stadtgesellschaft.

Für die BfB-Fraktion gelte der Grundsatz erst Sparvorschläge suchen und umsetzen und dann erst die Grundsteuer B angehen. Und bei diesem Gewerbesteuereinbruch werde es auch eine Erhöhung der Grundsteuer B geben. „Nur nicht in der vorgeschlagenen Höhe!“

„Erwarten maßgebliche Einsparungen in mehreren Bereichen“

Erst im Zuge der Beratung des Haushaltsplans 2025 solle der endgültige Hebesatz für 2025 getroffen werden. „Bis dahin erwarten wir maßgebliche Einsparungen in folgenden Bereichen:

- Reduzierung der Personalkosten;

- Reduzierung der Sach- und Dienstleistungen;

- Einnahmeerhöhung durch den Verkauf von Grundstücken und Gebäuden;

- Maßvolle Anhebung der Parkgebühren;

- Einführung der Zweitwohnsteuer ab 2027 – das ist eine Steuer für Menschen, die hier nicht mit Erstwohnsitz gemeldet sind.

- Klärung: Welche Aufgaben innerhalb der Stadtverwaltung entfallen können.

    - Klärung: welche Pflichtaufgaben können wir kostengünstiger erledigen – dazu bedürfe es aber einer unabhängigen Sicht von Fachleuten von außen.

    „Ein Thema, das uns als Stadt Geld kosten wird aber, das auch mittelfristig zu Erfolgen führen kann und muß. Als Fraktionen müssen wir uns da noch verständigen.“

„So geht das in unserem System nicht weiter“

In dieser Situation käme dann auch noch die Erhöhung der Schul- und der Kreisumlage hinzu. „Auch das sind Millionenbeträge. Den letzten beißen die Hunde – und die letzten sind die Kommunen – egal wer regiert.“

Fakt sei, dass den Kommunen immer wieder zusätzliche Ausgaben zugewiesen würden z. B. bei den Flüchtlingen und bei der Kinderbetreuung „ohne dass entsprechende finanzielle Mittel fließen. So geht das in unserem System nicht weiter“.

„Wenn wir auf dem Niveau weitermachen wird Gutes und Vertretbares herauskommen“

„Wir erwarten bereits bei der Einbringung des Haushaltsplanes für das Jahr 2025 substanzielle Einsparvorschläge.“ Er bedanke sich für die Informationen von Herrn Schneider und von Bürgermeisterin Klein. Vor allem bedanke er sich für die gute Zusammenarbeit der Fraktionen, die zu den ersten Änderungs-Anträgen geführt haben.

Dank sagte Franz Apfel auch an CDU-Fraktionschef Tobias Heinz „für sein Engagement und seine Zeit. Wenn wir auf diesem Niveau weiter machen bis zur Verabschiedung des Haushaltes 2025 dann wird dabei etwas Gutes und Vertretbares herauskommen“.

Auch die FWG fordert vom Magistrat Einsparpotenziale aufzuzeigen

Für die Fraktion der Freien Wählergemeinschaft (FWG) fasste sich deren Fraktionschef Dr. Rolf Tiemann kurz und schloss sich im Wesentlichen seinen Vorrednern mit der ebenfalls ausdrücklichen Bemerkung an, es werde nicht bei dem jetzt vorliegenden Grundsteuer-Hebesatz von 617 Punkten bleiben, aber bevor man über eine Erhöhung spreche, sei der Magistrat gefordert und müsse Einsparpotenziale aufzeigen.

„Ihrem Amt nicht gewachsen, gibt vielmehr ein bemitleidenswertes Bild ab“

„Alles andere als sich jetzt auf 617 Punkte bei der Grundsteuer B zu verständigen wäre unsozial“, bekräftigte Rolf Kahnt für die Fraktion Vernunft und Augenmaß (VuA). „Wir sind glücklich, dass wir uns vorerst auf diesen Hebesatz verständigen konnten. Diese Entscheidung hätten wir uns von der Bürgermeisterin gewünscht.“

Kahnt warf der Rathauschefin vor, sie sei „ihrem Amt nicht gewachsen, gibt vielmehr ein bemitleidenswertes Bild ab“, und scheue sich vor einem harten Sparkurs.

Dabei übersehe sie, dass beispielsweise auch Vereine durch Verzicht auf städtische Leistungen bereit seien, ihren Beitrag zur Konsolidierung des Bensheimer Haushalts zu leisten.

Bürgermeisterin will „selbstverständlich Sparvorschläge für den Haushalt 2025 vorlegen“

Diesen massiven Vorhaltungen entgegnete Bürgermeisterin Christine Klein mit dem Hinweis, man sei in einer ungeheuer schwierigen Situation. Sie dankte allen Fraktionen für die gute Zusammenarbeit und versicherte, sie werde selbstverständlich Sparvorschläge für den Haushalt 2025 vorlegen.

Solche Sparvorschläge seien auch schon für 2024 erfolgt, „es gibt aber gesetzliche Regeln, die einzuhalten sind“. Für den Nachtragshaushalt sei es daher schwer gewesen weitere wesentliche Sparpotenziale aufzuzeigen. Es sei auch nicht abzusehen, ob angesichts der 617 Punkte im Hebesatz der Grundsteuer B Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde zu erzielen sei.

Es sei durchaus möglich, dass bis zur Genehmigung des Nachtragsetats oder des nachfolgenden Haushaltsplans 2025 ein Liquiditätskredit aufgenommen werden müsse. Dieser sei aber erst im noch zu genehmigenden Nachtrag des Etats 2024 verankert, weil im originären Haushalt nicht vorgesehen, und somit noch genehmigungspflichtig. Das könne im Extremfall zur Zahlungsunfähigkeit der Stadt führen.

„Alles was wir von Ihnen hören sind Mahnungen und Warnungen“

Diese Aussage wiederum rief Tobias Heinz auf den Plan, der die Bürgermeisterein fragte „was schlagen Sie uns denn vor? Alles was wir von Ihnen hören sind Mahnungen und Warnungen.“ Die Rathauschefin könne nicht behaupten, die Grundsteuererhöhung nicht zu wollen um das dann gleichzeitig als alternativlose Maßnahme zu deklarieren.“

Es sei erklärtes Ziel den Haushalt auf zehn Jahre zu konsolidieren und man werde „den Kopf auch nicht in den Sand stecken“ versprach Klein und ergänzte: „Ich bin optimistisch.“