KOMMENTAR: Ein Pyrrhussieg für die Bensheimer Stadtspitze?
„Das Gericht macht den Weg frei für den Ideenwettbewerb am Marktplatz“, frohlockt die Bensheimer Stadtspitze nach dem vorliegenden Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Darmstadt.
Dieses hat den Eilantrag der Bürgerinitiative (BI) >Bensheimer Marktplatz besser beleben< auf Nachbesserung der Formulierung im Auslobungstext für einen städtebaulichen Ideenwettbewerb zum >Marktplatz der Zukunft< im Zentrum der Stadt zurückgewiesen (siehe städtische Pressemitteilung unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/kreis-bergstrasse/details/?tx_ttnews).
„Der Weg für den Ideenwettbewerb am Marktplatz war nie versperrt“, kommentiert Theo Sartorius, einer der Vertrauensleute der BI, und verweist auf das Angebot des VG zu einem Mediationsverfahren zur Lösung des Problems.
Diesem Angebot hatte die BI unverzüglich nach dessen Vorliegen Anfang Dezember 2022 zugestimmt, während sich die Stadtspitze dem entgegen stellte und den angestoßenen Ideenwettbewerb einstellte, um auf das jetzt, knapp fünf Monate später erfolgte Urteil zu warten.
Neben dem damit entstandenen Zeitverlust geht freilich auch ein nicht unerhebliches „Gschmäckle“ einher: während sich nämlich Erste Stadträtin und Baudezernentin Nicole Rauber-Jung mit der „Transparenz und ausführlichen Dokumentation der Verwaltung“ bei der Auslobung „schmückt“, hatte der städtische Anwalt Dr. Gregor Albach der BI und damit den diese unterstützenden Bürger vor Gericht im Auftrag der Stadtspitze jegliches Recht zur Mitsprache abgesprochen.
Dieser Vortrag steht dem Auftrag von Markus Woißyk, dem früheren CDU-Fraktionschef im Bensheimer Stadtparlament, klar entgegen. Woißyk hatte den auf christdemokratischen Antrag erfolgten und mit großer Mehrheit gefassten Beschluss begründet, dem Begehren der BI beizutreten und ohne den damals bereits terminierten und dann aufgrund des Abhilfebeschlusses entfallenen Bürgerentscheid einen Ideen-Wettbewerb auszuschreiben.
Man wolle die BI „mit ins Boot nehmen, aktiv einbinden“, weil sich offensichtlich einige Bürger in dem vorherigen Verfahren nicht mitgenommen gefühlt hätten. Die CDU erwarte von der BI, „dass sie den weiteren Weg vorgibt und bis zum Ende begleitet. Es wäre zu einfach, sich zurückzulehnen“, hatte Woißyk den BI-Vertretern damals zugerufen.
Exakt die Ausführung dieses CDU-Auftrags spricht ausgerechnet die Christdemokratin Rauber-Jung jetzt der BI ab, indem sie gar – entgegen der deutlichen BI-Darstellungen – behauptet, „wir haben die BI weitaus mehr beteiligt, als wir es hätten tun müssen“.
Erfahrene Verwaltungsjuristen sehen dies, wie auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Klage der BI sei unzulässig, weil sich das Mandat der Vertrauensleute mit dem Abhilfebeschluss des Parlaments zum Bürgerbegehren erschöpft habe, deutlich anders.
Die vorliegende gerichtliche Auslegung folge ausschließlich ergangenen Urteilen aus der bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit, die keineswegs uneingeschränkt auf hessische Verhältnisse zu übertragen sei.
Vor diesem Hintergrund bleibt abzuwarten, ob die Vertrauensleute der BI nach entsprechender juristischer Beratung Rechtsmittel gegen das vorliegende VG-Urteil einlegen werden.
Ungeachtet dessen könnte das aktuell ergangene Urteil zum Pyrrhussieg für die Bensheimer Stadtspitze mutieren, weil sich zahlreiche Bensheimerinnen und Bensheimer einmal mehr nicht mitgenommen fühlen auf dem von den Stadtoberen glorifizierten „Bensheimer Weg“.