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DGB zum Jubiläum des Kaufhauses Ganz: Wissen woher man kommt!

Die Anzeige zur Geschäftsübernahme des Kaufhauses Jacoby durch die Firma Ganz&Birkenmeier im April 1936.

BENSHEIM. - Dieser Tage konnte man ausführlich über die erfolgsverwöhnte Kaufhausdynastie Ganz in einer Bensheimer Tageszeitung lesen. Immerhin feiert die Familie ihr Jubiläum zum 80-jährigen Firmenbestehen, die Seniorchefin nebst Ehemann sind angesehene Bürger der Stadt und wurden bereits mit Verdienstorden ausgezeichnet, konstatiert der DGB Bensheim.

Der Ortsverband des DGB findet das alles bis dahin ganz in Ordnung. Dennoch fehlt etwas in dieser Geschichte, etwas ganz Entscheidendes, sagt die DGB Ortsvorsitzende Jutta Mussong-Löffler: 

„Dem interessierten Leser wird erzählt, dass die Firma „Ganz&Birkenmeier“ im April 1936 gegründet wurde. Die Berichterstattung zum sechzigjährigen Firmenjubiläum sprach immerhin noch von einer Geschäftsübernahme.

Übernommen hatten nämlich Ernst Ganz und sein Partner die >respektable 300 Quadratmeter große Verkaufsfläche< von Sophie Jacoby, Witwe eines erfolgreichen jüdischen Kaufmanns aus Bensheim.“

Zacharias Jacoby war am 4. Januar 1932 in Heidelberg verstorben und hatte den nationalsozialistischen Terror nicht mehr am eigenen Leib erfahren müssen. Zu Beginn der 1930er Jahre lebten in Bensheim etwa 160 Bewohner jüdischen Glaubens.

Schon einen Tag vor dem reichsweit angeordneten Boykott waren die jüdischen Geschäfte des Ortes geschlossen und einige Ladeninhaber verhaftet worden. Den offiziellen Boykott leitete dann am 1. April eine NSDAP-Kundgebung auf dem Markplatz von Bensheim ein.

Im Laufe der folgenden Jahre schritt die „Arisierung“ jüdischer Geschäfte schnell voran. Immer mehr jüdische Einwohner mussten Bensheim verlassen. So auch Sophie Jacoby, geborene Ritzinger. Sie wanderte am 19. April 1936 – wenige Tage nach der „Übernahme“ ihres alten Kaufhauses nach Palästina aus.

Wie viel Ernst Ganz und Kurt Birkenmeier für das für damalige Verhältnisse große Kaufhaus bezahlten, ist nicht bekannt. Von gleichwertigen Partnern und fairen Verhandlungen kann man sicherlich nicht ausgehen.

„Es ist an der Zeit, dass die Nachkommen von Ernst Ganz sowie die Stadt Bensheim dem jüdischen Kaufhausgründer Zacharias Jacoby und seiner Frau Sophie eine Gedenktafel setzt“, schließt die DGB-Vorsitzende Jutta Mussong-Löffler ihren Bericht.