Brötchentütenaktion setzt ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen
BENSHEIM. - Über die vom Arbeitskreis gegen häusliche Gewalt im Kreis Bergstraße initiierte Aktion „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte“ machen die Protagonistinnen und Kooperierenden seit Jahren im Rahmen des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen am 25. November auf das Thema geschlechtsspezifischer Gewalt aufmerksam. Kundinnen und Kunden erhalten in Bäckereien ihre Backwaren in Tüten mit dem Slogan „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte!
Nein zu Gewalt an Mädchen und Frauen“, auf denen die zentralen Hilfsorganisationen und Beratungsstellen mit deren Kontaktdaten abgedruckt sind. Jede Tüte, die dabei über die Ladentheke geht, bringt das Thema häusliche Gewalt auf den Tisch und macht niedrigschwellig auf das Hilfsangebot aufmerksam.
Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte Marion Vatter war auch in diesem Jahr wieder für die Umsetzung der Aktionen in Bensheim federführend verantwortlich.
Bereits vergangenes Jahr vernetzten sich der Arbeitskreis gegen häusliche Gewalt sowie die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Bergstraße mit den Soroptimistinnen International Club Bensheim/Heppenheim.
„Der SI-Club begrüßte damals nicht nur die Brötchentüten-Aktion des Arbeitskreises, sondern regte auch an, die Kampagne auf die Tafeln im Kreis Bergstraße auszuweiten“, so Marion Vatter, die sich bei allem Mitakteurinnen ganz herzlich bedankte.
Seitdem ist auch die Bensheimer Tafel-Vorsitzende Mariette Rettig eine dankbare Abnehmerin von 1.000 Tüten, die das Frauenhaus Bergstraße für diese Aktion in einer Stückzahl von insgesamt 90.000 bestellt hat.
Erste Vorsitzende Martina Evertz kümmert sich mit den Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten des Arbeitskreises persönlich um die Verteilung in den Kommunen. Die Tafeln dabei in die Aktion einzubinden, sei „eine sehr gute Idee“, so Evertz.
„Da beim Thema häusliche Gewalt alle Schichten betroffen sind, wollen wir eine möglichst breite Öffentlichkeit erreichen. Die Aktion bietet hierfür eine sehr gute Möglichkeit und bringt das Thema auf den Frühstückstisch.“
Im Ernstfall haben Betroffene wichtige Kontaktinformationen sofort an der Hand, die auf den Tüten in insgesamt 10 verschiedenen Sprachen abgedruckt sind.
Eine wichtige Hilfestellung für Frauen, Männer, Kinder und Jugendliche bietet auch der neue Flyer des Arbeitskreises „Hilfe! bei häuslicher Gewalt“ – ein weiterer Beleg dafür, dass die Vernetzung bei diesem wichtigen Thema gut funktioniert.
Ein Beispiel dafür ist auch die Zusammenarbeit mit der Tafel. „Die Brötchentüten sind ein niedrigschwelliges Angebot, das wir gerne in Umlauf bringen. Zum einen sparen wir dadurch nicht nur Kosten beim Verpackungsmaterial. Zum anderen bekommt das Thema häusliche Gewalt aufgrund unserer großen Kundenzahl eine große Reichweitenerhöhung“, erläutert Mariette Rettig.
Denn derzeit versorgt die Tafel Bensheim 1300 Haushalte und somit in etwa 4400 Personen. Tendenz steigend. „In der Woche kommen 20 bis 25 neue Kundinnen und Kunden hinzu. Wir weisen niemanden zurück.
Ohne die Hilfe meiner 240 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wäre dies nicht zu schaffen“, so Rettig abschließend. Dieser wichtigen ehrenamtlichen Aufgabe zollten Marion Vatter und Martina Evertz höchsten Respekt mit der Aussicht, im kommenden Jahr die Anzahl der Brötchentüten für die Tafel zu erhöhen.
Auftakt der Aktion „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte“ war am 30. Oktober im Kreiskrankenhaus Bergstraße. Dr. Cordula Müller, Chefärztin Frauenklinik, stellte den kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten und Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern aus dem Kreis Bergstraße die Gewaltambulanz im Krankenhaus vor.
An der Brötchentütenaktion in Bensheim beteiligen sich am 25. November die Bensheimer Bäckerei-Filialen Görtz in Auerbach und Jakob in der Weststadt mit einer Verkaufsaktion zusammen mit Bürgermeisterin Christine Klein, Vertreterinnen des Frauenhauses und Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Bensheim.
Weitere Aktionen anlässlich des Internationalen Gedenktags „Nein zu Gewalt an Frauen“ ist die Fahnenhissung am 24. November um 11 Uhr am Rathaus. Dieses Jahr werden erstmals im Kreis Bergstraße die Fahnen „Orange the world“ anlässlich des Aktionstages gehisst.
Der Gedenktag geht auf die Ermordung der drei Schwestern Mirabel in den Dominikanischen Republik zurück. Wegen ihres politischen Widerstandes gegen den Diktator Trujiillo wurden sie am 25. November 1960 vom Geheimdienst nach monatelanger Folter getötet.
Der Mut der drei Frauen gilt inzwischen als Symbol für Frauen weltweit, die nötige Kraft für das Eintreten gegen jegliches Unrecht zu entwickeln.
Am 17. Dezember 1999 wurde von der UN-Generalversammlung der 25. November zum „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ festgelegt. Seitdem machen weltweit Veranstaltungen und Aktionen auf das Thema aufmerksam.
In Bensheim wird am Gedenktag selbst, also am 25. November, um 19 Uhr der Film „Sonita“ im Luxor Filmpalast gezeigt. „Sonita“ ist ein Dokumentarfilm aus dem Jahr 2015 von Rokshareh Ghaemmaghami. Der Film zeichnet das Schicksal einer Frau aus Afghanistan nach, die von ihren Eltern zwangsverheiratet werden soll, aber eigentlich von einer Karriere als Rapperin träumt.