„Ihr seid nicht vergessen“: Post per Hand und mit Herz
Schülerinnen und Schüler schreiben Briefe an Menschen im Alten- und PflegeheimBERGSTRASSE / ODENWALD / BENSHEIM. - Heinrich Jeckel war überwältigt. Rechtzeitig vor Weihnachten nahm der 88-jährige Vorsitzende des Heimbeirats persönliche Briefe an alle 88 Heimbewohner der Seniorenresidenz >Villa Medici< in Bensheim entgegen.
Geschrieben hatten Schülerinnen und Schüler der Geschwister-Scholl-Schule in Bensheim sowie weitere Kinder und Jugendliche aus der Region. Diese >Post per Hand und mit Herz< landete bei den Senioren.
Nicht erst seit Corona leiden viele Heimbewohner unter Einsamkeit, sehnen sich nach Lebendigkeit und Abwechslung. Die aktuellen Kontaktbeschränkungen verschlimmern diesen Zustand noch.
Warum also nicht per selbstgeschriebenen Briefen eine Brücke schlagen zwischen Jungen und Alten aus demselben Ort? Die Idee dazu hatte Moderatorin Natalie Reisenbüchler aus Bensheim: „Diese Idee ist nicht neu und sie darf gerne andernorts kopiert werden.
Ich wünsche mir außerdem, dass sie nicht nur auf Weihnachtspost beschränkt bleibt, sondern sich daraus vielleicht auch länger anhaltende Brieffreundschaften ergeben.
Ich selbst habe jahrelang nach dem Abi mit einem pensionierten Lehrer geschrieben und über schöne Post freut man sich das ganze Jahr über – nicht nur an Weihnachten.“
Geplant war ursprünglich eine breit angelegte Aktion im Raum Bergstraße – Odenwald, bei der alle Bewohner der Senioren- und Pflegeheime in der Region mit Briefen bedacht werden sollten.
Die FACT-Redaktion war spontan bereit, die Aktion zu unterstützen. Auch die Verantwortlichen in den Schulen und Heimen saßen sofort mit im Boot. Doch dann schlug das Corona-Virus erneut zu und der Lockdown in der vergangenen Woche zwang zum Umdenken, denn die meisten Schulen setzten noch vor den eigentlichen Weihnachtsferien den Präsenzunterricht aus.
Dank des persönlichen Einsatzes von Kay Liebau entstanden immerhin noch gut 50 Briefe an die Bewohner der Seniorenresidenz.
Die Pädagogin unterrichtet Deutsch und Geschichte an der Geschwister-Scholl-Schule in Bensheim und hatte die 5. Realschulklasse sowie die 5. und 6. Gymnasialklassen zum Briefeschreiben motiviert. „Die Kids waren voll bei der Sache, hatten richtig Bock drauf“, berichtet die Lehrerin.
Damit auch keiner der Heimbewohner der >Villa Medici< leer ausgeht, organisierte Natalie Reisenbüchler kurzerhand weitere Kinder aus dem Freundeskreis ihrer Tochter und ihrem persönlichen Umfeld, die zur Feder griffen, um den Senioren eine Weihnachtsfreude zu bereiten.
Innerhalb weniger Tage wurden so 88 Briefe mit persönlichen Botschaften der Kinder und Jugendlichen geschrieben, teils mit selbstgemalten Bildern bestückt.
Bekannt sind den Autoren jeweils nur der Vorname, das Alter und die Einrichtung des Heimbewohners. Die Empfänger erfuhren neben dem Vornamen, das Alter und die Schule des Absenders. Auf diese Infos wollte die Initiatorin nicht verzichten, um die Post persönlicher zu gestalten. Was sich weiter ergibt aus dem ersten Kontakt, das entscheiden die Beteiligten selbst.
„Und wenn es nur bei einem Lächeln oder dem Glanz in den Augen des Empfängers im Altenheim bleibt, sobald er die Post in den Händen hält, ist es die Mühe wert“, so Natalie Reisenbüchler.
Bedingt durch den andauernden Lockdown und die Winterferien soll die Aktion zunächst pausieren und Anfang kommenden Jahres weitergeführt werden, sobald der Präsenzbetrieb in den Schulen wieder los geht.
Auf dass sich noch viele weitere Senioren mit viel Glanz in den Augen und einem breiten Lächeln auf den Lippen über liebe Post von der Jungschar freuen dürfen mit der wichtigen Botschaft: „Ihr seid nicht vergessen“.