FWG fordert letztmalig Antworten von der Bensheimer Stadtverwaltung
Die Freie Wählergemeinschaft Bensheim droht mit Verwaltungsgerichtsverfahren, falls Magistrat und MEGB die Fragen nach möglicher Schadensersatzhöhe für nicht erfüllten Mietvertrag mit dem Cafe Extrablatt nicht endlich beantwortenBENSHEIM. - Die Freie Wählergemeinschaft (FWG) Bensheim will vom Magistrat der Stadt endlich Antworten auf ihre jetzt bereits dreimal gestellten Fragen nach der möglichen Schadensersatzhöhe, falls der zwischen der Cafe Extrablatt-Immobilien GmbH und der städtischen Marketing- und Entwicklungsgesellschaft (MEGB) geschlossene Mietvertrag für das ursprünglich geplante neue >Haus am Markt< nicht erfüllt werden sollte.
Stadtverordneter Dr. Rolf Tiemann fordert im nunmehr dritten zur Stadtverordnetenversammlung für den 2. Juli gestellten Antrag erneut umfassende Aufklärung. Der Antrag an Stadtverordnetenvorsteherin Christine Deppert hat folgenden Wortlaut:
„Sehr geehrte Frau Deppert, bitte nehmen Sie die nunmehr dritte Anfrage der FWG zum Thema >potentielle Mieterentschädigung der Cafe Extrablatt Immobilien GmbH für den Fall der Nichterfüllung des Vertrages bezüglich Ansiedlung am Markt durch die MEGB / die Stadt Bensheim< zur Beantwortung auf die Tagesordnung der nächsten Stadtverordnetenversammlung am 02.07.2020.
Vorbemerkungen zur Anfrage:
Die den Stadtverordneten zu den FWG-Anfragen gegebenen Antworten der Verwaltung vom 23.01. 2020 und vom 24.04. 2020 sowie die Antwort vom 07.05.2020 auf die Anfrage der GLB zu diesem Themenkomplex sind u.E. allesamt unzureichend und unvollständig.
Unserer Ansicht nach besteht ein Anspruch auf die Nennung konkreter Zahlen und deren Berechnung, wie sie bereits durchgeführt wurde und Stadtverwaltung, mindestens aber der MEGB auch vorliegt.
Sollte diese Berechnung der Stadtverwaltung noch nicht bekannt sein, ist sie bei der MEGB anzufordern. Die FWG hat sich daher entschlossen juristischen Beistand einzuholen und die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Lankau und Partner beauftragt, im Namen der FWG den Magistrat anzuschreiben und die bisher verweigerte, konkrete Auskunft über zwei Fragen einzufordern.
Die Beantwortung der Fragen soll in der kommenden Stadtverordnetenversammlung am 02.07.2020 stattfinden.
Diese Fragen an den Magistrat sind:
>In welcher Höhe muss im schlimmsten Fall Schadensersatz an die Café Extrablatt Immobilien GmbH gezahlt werden?<
>Wie setzt sich die mögliche Schadenersatzforderung zusammen?<“
Zur Begründung wird auf das nachstehende Schreiben des Fachanwalts für Verwaltungsrecht Dr. Tobias Timo Weitz an den Magistrat verwiesen:
„Auskunftsanspruch gem. §50 Abs. 2 VwGO
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Herr Dr. Rolf Tiemann, der Vertreter der FWG in der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Bensheim, hat sich an uns gewandt, da er schon mehrfach vergeblich versucht hat, von Ihnen eine Antwort auf die Frage zu erhalten, welchen Schadensersatzforderungen in welcher Höhe sich die Stadt Bensheim ausgesetzt sieht, sollte es nicht zu einer Erfüllung des Vertrages zwischen der MEGB und der Café Extrablatt Immobilien GmbH bezüglich des Projekts „Haus am Markt“ kommen.
Diese Frage wurde sowohl in einer schriftlichen Anfrage vom 23.01.2020 gestellt, die in diesem Punkt trotz schriftlicher Beantwortung in der Sitzung am 13.02.2020 unbeantwortet blieb, sowie noch einmal in einer schriftlichen Anfrage vom 15.03.2020.
In der schriftlichen Beantwortung vom 24.04.2020 wurden ebenfalls keine Zahlen genannt, sondern lediglich angegeben, dass eine Risikobewertung stattgefunden habe, Rückstellungen berechnet und erfolgt seien, die den für diese Berechnung zugrundeliegenden Zahlen aber der NichtÖffentlichkeit unterliegen würden.
Diese Antwort ist nicht hinreichend und verletzt das Recht des Mandanten auf Auskunft gem. § 50 Abs. 2 HGO.
Unstreitig dürfte sein, dass eine Auskunft auch in solchen Fällen zu erteilen ist, in denen sich eine Stadt oder Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben einer in Privatrechtsform betriebenen Gesellschaft, hier der MEGB, bedient.
Auch die Überlegung, dass mit der Beantwortung einer solchen Frage ggfs. ein hoher Verwaltungsaufwand verbunden ist, schließt die Beantwortung im vorliegenden Fall nicht aus, da die Risikobewertung und Berechnung ja bereits stattgefunden hat.
Sofern die Berechnungen und deren Ergebnisse nicht bei der Stadtverwaltung, sondern (nur) bei der MEGB vorhanden sind, müssen diese angefordert werden.
Der Hinweis auf die „Nichtöffentlichkeit“ ist nicht geeignet, den Anspruch auf Auskunft auf die gestellten Fragen auszuschließen.
Soweit Sie darauf hinauswollen, dass Geschäftsgeheimnisse der MEGB oder der Cafe Extrablatt Immobilien GmbH betroffen sein können oder ggfs. sogar eine Verschwiegenheitsvereinbarung zwischen der Stadt bzw. der MEGB und der Cafe Extrablatt Immobilien GmbH vorliegt, ist bereits entschieden, dass dies die Auskunft nicht hindern kann:
Ein tatsächliches Interesse der betroffenen Vertragspartner an Geheimhaltung reicht nicht, um die Kontrollrechte der Stadtverordnetenversammlung ihrer Art oder ihrem Umfang nach einzuschränken. …....
In anderen Fällen haben hessische Verwaltungsgerichte außerdem entschieden, dass das Auskunftsrecht bei Aufeinandertreffen der Kontrollfunktion/den Kontrollrechten der Gemeindevertretung mit dem Steuergeheimnis und mit datenschutzrechtlichen Vorschriften als Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG Vorrang genießt.
Denn das Auskunftsrecht wurde den Stadtverordneten eingeräumt, um die Stadtverwaltung effektiv zu kontrollieren, Unzulänglichkeiten aufzudecken, Initiativen auszulösen und auf die Begründung von Maßnahmen drängen zu können. …....
Dass hier ein anderer, besonderer Geheimhaltungsgrund vorliegen würde, ist nicht erkennbar. Darüber hinaus ist es auch so, dass die Stadtverordneten zur
Verschwiegenheit verpflichtet sind (§§ 24, 35 Abs. 2 HGO), deren Verletzung mit einer Ordnungswidrigkeit gem. § 24a HGO geahndet werden kann.
Auch besteht die Möglichkeit, dem Geheimhaltungsbedürfnis in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung z.B. durch Ausschluss der Öffentlichkeit ausreichend Rechnung zu tragen. …....
Namens und in Vollmacht des Vertreters der FWG-Fraktion in der StVV Bensheim fordern wir Sie daher letztmalig auf, die Frage:
„In welcher Höhe muss im schlimmsten Fall Schadensersatz an die Café Extrablatt Immobilien GmbH gezahlt werden?“
in der nächsten Sitzung, die unseres Wissens nach am 02.07.2020 stattfindet, vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten.
In Ergänzung dazu wird außerdem gefragt:
„Wie setzt sich die mögliche Schadenersatzforderung zusammen?“
Diese Frage wurde sinngemäß ebenfalls bereits in der Anfrage vom 15.03.2020 gestellt, indem jeweils zu den potentiellen Positionen (entgangener Gewinn, Kosten der Neuanmietung, frustrierte Aufwendungen, …) gefragt wurde, nach welchen Kriterien sich die Kosten berechnen und wie hoch sie sind. Die jetzt gestellte Frage fasst dies lediglich zusammen und bündelt es.
Über einen Ausschluss der Öffentlichkeit möge ggfs. die Stadtverordnetenversammlung befinden. Die Anfrage wird gleichzeitig geschäftsordnungsmäßig und fristgerecht der Stadtverordnetenvorsteherin übermittelt.
Für den Fall, dass eine Beantwortung nicht stattfindet, haben wir dem Mandanten geraten, Klage vor dem Verwaltungsgericht auf Erteilung der Auskunft zu erheben.“