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Liberale sehen keine guten Vorzeichen für das neue Bensheimer Stadtparlament

FDP-Fraktion kritisiert Stagnation im Bensheimer Rathaus und nicht fristgemäße und umfassende Abarbeitungen von Parlamentsbeschlüssen

BENSHEIM. - Zum Ende der noch bis 31. März laufenden Wahlzeit zieht die FDP-Frakion Bensheim eine sehr kritische Bilanz bezüglich Verwaltungshandeln m Zusammenhang mit der Verantwortung der hauptamtlichen Magistratsmitglieder.

Ihren Vorwurf aus dem Herbst vergangenen Jahres, wonach die Verwaltung unliebsame Beschlüsse der Stadtverordneten sehr schleppend oder teilweise gar nicht umsetze, müsse man leider aufrecht erhalten, bedauern die Liberalen.

Im Februar 2020 beschloss das Stadtparlament aufgrund zweier FDP-Anträge mehrheitlich, dass der Magistrat ein aktuelles Innenstadt-Parkplatzkataster sowie ein aktualisiertes Gewerbeflächenkataster bis zur Sitzungsrunde Juni/Juli 2020 vorzulegen habe.

Beide Beratungsunterlagen waren zu diesem Zeitpunkt bereits über beziehungsweise fast zehn Jahre alt und damit veraltet und unbrauchbar für Planungen und Beratungen dieser wichtigen Themen.

Nach über zehn Monaten sei dann im November 2020 die lapidare Antwort zu den Gewerbeflächen von der Verwaltung gekommen, die sich nur auf die städtischen, nicht aber auf die MEGB- und Privatflächen bezog, dass die Fortführung des Gewerbeflächenkatasters nicht sinnhaft sei, da die 2011 erfassten Flächen inzwischen nahezu alle bebaut, zumindest aber vermarktet seien.

Überprüfen könne diese Aussage außerhalb der Verwaltung allerdings niemand. Von der in der Verwaltungsantwort angekündigten Prüfung, ob eine Übersicht der privaten Flächen nachgereicht werden könne, habe man zudem nie wieder etwas gehört.

Nicht viel besser sei die Bearbeitung des Innenstadt-Parkplatzkatasters verlaufen. Auch hier monatelange Verzögerungen und der Versuch, nur einen Teil der geforderten Informationen zu beschaffen und bereit zu stellen, obwohl dies zehn Jahre zuvor problemlos möglich gewesen war.

Mag man bei den beiden Katastern noch der Meinung sein, dass diese vielleicht gar nicht so wichtig seien, so könne dies beim Punkt Verkehrsgutachten und Verkehrskonzept für den Bereich des ehemaligen Euler-Areals inklusive Heidelberger Straße ganz sicher nicht gelten.

Im September 2020 beschloss die Stadtverordnetenversammlung auf Antrag der FDP-Fraktion mehrheitlich, dass der Magistrat bis zur November-/Dezembersitzungsrunde 2020 ein Gutachten und Konzept zur weiteren Beratung und Beschlussfassung vorzulegen habe, damit für die aufgrund der weitgehend erfolgten Bebauung des Areals und der daraus resultierenden angespannten Verkehrssituation Lösungen diskutiert und beauftragt werden können.

Hintergrund sei der seit Jahren in Aussicht gestellte, aber bis dato nicht gelieferte neue Verkehrsentwicklungsplan für die Stadt Bensheim, der die rund 20 Jahre alte Fassung ablösen sollte und der auch den genannten Bereich umfassen würde.

Mitte November 2020 teilte die Verwaltung dann den Stadtverordneten mit, dass aufgrund der voraussichtlichen Auftragssumme fünf Angebote einzuholen seien und dass man dies nun tun wolle.

Bis März 2021 liege das beschlossene und längst überfällige Verkehrsgutachten und -konzept für den genannten Bereich aber immer noch nicht vor, so dass eine Beratung und Beschlussfassung trotz Zeitablauf von mehreren Monaten in der zu Ende gehenden Wahlperiode nicht mehr möglich war und voraussichtlich vor der Sommerpause 2021 für die neue Stadtverordnetenversammlung auch nicht mehr möglich sein wird. Hier werde also allem Anschein nach bewusst der Beschluss ausgesessen.

Inzwischen sogar als skandalös bezeichnet FDP-Fraktionsvorsitzender Holger Steinert die Unfähigkeit oder den Unwillen der Rathausspitze einen Haushaltsplanentwurf der Stadt Bensheim für das Jahr 2021 vorzulegen, wie dies im November oder Dezember des jeweiligen Vorjahres erfolgen müsste und üblich sei.

Entgegen nahezu allen anderen Städten und Gemeinden in Hessen und besonders im Kreis Bergstraße sei die Bensheimer Finananzverwaltung bisher nicht willens oder nicht in der Lage gewesen, diese wichtige Planungs- und Handlungsgrundlage zu erarbeiten und den Fraktionen noch vor der bevorstehenden Kommunalwahl wenigstens vorzustellen.

Alle Kommunen hätten das Problem in diesen ungewöhnlichen Zeiten eine solide Planung aufzustellen, insofern seien Hinweise auf Pandemie-bedingte Schwierigkeiten inakzeptabel.

Fehleinschätzungen könnten zudem im Rahmen eines sogenannten Nachtragshaushalts im Laufe des Jahres korrigiert werden. Noch zu Beginn des Jahres habe der Kämmerer auf Nachfrage angekündigt, möglichst zu Mitte Februar, aber auf jeden Fall noch vor der Kommunalwahl einen ersten Entwurf vorzulegen.

Geschehen sei seitdem nichts Erkennbares, so dass die künftige Stadtverordnetenversammlung mit der schweren Hypothek eines fehlenden Haushalts, ja sogar eines fehlenden Haushaltplanentwurfs in ihre ersten Sitzungen gehe und der finanzpolitische Blindflug bis zur Verabschiedung eines Haushals für das Jahr 2021, die voraussichtlich erst im Sommer 2021 erfolge, weitergehe.

Zudem dürften bis zur Genehmigung des Haushaltsplans durch die Kommunalaufsicht, die nach Verabschiedung durch das Stadtparlament nochmals mehrere Wochen in Anspruch nehme, nur die finanziellen Leistungen erbracht werden, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind.

Darüber hinaus gehenden Verpflichtungen dürften nicht eingegangen oder neue Beschlüsse mit finanziellen Auswirkungen umgesetzt werden. Das beinhalte, der Stadt seien finanziell weitgehend die Hände gebunden, wenn es um mehr geht, als die laufenden Kosten und Geschäfte zu bedienen.

Eine solche Verschleppung der Haushaltsplanvorlage habe es in der Geschichte der Bensheimer Stadtverordnetenversammlung bisher noch nicht gegeben. Es dränge sich der Verdacht auf, dass unbequeme Wahrheiten bis nach der Kommunalwahl unter der Decke gehalten werden sollem.

Alles in allem seien diese Vorgänge nach Meinung der FDP-Fraktion keine guten Vorzeichen für die zu wählende Stadtverordnetenversammlung.

Weder das System der wechselnden Mehrheiten nach Ende der Koalition ab Anfang 2020, noch der Wechsel im Sessel der Rathausspitze im Dezember 2020 hätten fristgemäße und umfassende Abarbeitungen von Parlamentsbeschlüssen bewirkt.