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18,5 Millionen Defizit im Bensheimer Haushaltsplan-Entwurf 2025

Grundsteuer B mit 1.275 Punkten vorgeschlagen + + + Bensheim mutiert von Geberkommune zur Nehmerkommune + + + Appell der Bürgermeisterin zum strikten Sparwillen

BENSHEIM. - Nach turbulenten Wochen und Monaten im Anschluss an massive Gewerbesteuer-Rückzahlungen von mehr als 30 Millionen Euro und der Erkenntnis weiterer Gewerbesteuerverluste im Bensheimer Etat brachte Bürgermeisterin Christine Klein in der Sitzung der Stadtverordneten am Donnerstag, 20. Februar, den Entwurf des Jahreshaushalts 2025 im Parlament ein.

In diesem Zahlenwerk ist die ursprünglich geplante Erhöhung der Grundsteuer B auf 1.740 Punkte inzwischen durch Einspar-Vorschläge auf 1.275 Punkte reduziert. Das Jahresdefizit beläuft sich dabei allerdings noch immer auf gut 18,5 Millionen Euro.

Konkret stehen im Etat-Entwurf der Stadtverwaltung den ordentlichen Erträgen in Höhe von 124.570.030 Euro ordentliche Aufwendungen in Höhe von 143.043.600 Euro gegenüber. Außerordentliche Erträge sind mit 35.000 Euro im Planansatz verankert, außerordentliche Aufwendungen in Höhe von 73.600 Euro. In Summe ergibt das ein Minus von 18.512.570 Euro.

Die Haushaltsrede der Bürgermeisterin dazu lautet wie folgt:

> „Eine Haushaltssanierung, die die meisten Bürger gar nicht merken, wird niemals ausreichen.“ Dieses Zitat stammt von Hans-Peter Keitel, einem deutschen Manager und Präsident des deutschen Bundesverbandes der Industrie.

Ich wiederhole: „Eine Haushaltssanierung, die die meisten Bürger gar nicht merken, wird niemals ausreichen.“

Die Stadt Bensheim muss ihren Haushalt sanieren. Und wir alle werden es merken. Die Bürger unserer Stadt, die Unternehmen, Vereine, Organisationen.

Es ist zu prüfen, ob, in welchem Maß – und ja auch zu welchem Preis - wir unsere Leistungen in dem lieb gewonnenen Umfang weiter anbieten können. Und wir müssen prüfen, wo und in welchem Maße wir die Standards bei den Pflichtleistungen senken.

Und wir werden entscheiden müssen, ob wir uns von Angeboten und Leistungen verabschieden bzw. das Angebot einschränken müssen.

Wir werden Klarheit schaffen, analysieren und entgegen des Rats Winston Churchills handeln, der einem jungen Politiker einmal den Tipp gegeben haben soll: „Immer vom Sparen reden, aber nie sagen wo.“

„Wir vom Sparen, aber auch vom Handeln“

Auch hier und heute reden wir vom Sparen, aber auch vom Handeln. Wir nehmen Vorschläge auf, prüfen und werden den politischen Gremien einen Katalog mit freiwilligen Leistungen zur Beratung und Entscheidung vorlegen.

Dort muss beschlossen werden, denn das Budgetrecht ist das Hoheitsrecht des Parlaments. Solche Entscheidungen bedeuten Verzicht, sind schmerzhaft, ausgesprochen schwierig und auch unpopulär.

Zum Sparen braucht es nicht nur Disziplin. Es braucht vor allem ein System, eine klare Analyse und mutige Entscheidungen, für die die Bürgerinnen und Bürger Erklärungen erwarten.

Neben unseren eigenen Überlegungen haben wir Hinweise durch die Kommunalberatung erhalten. Eine weitere Expertise holen wir uns von einer Organisationsberatung. Darauf werde ich in der Folge meiner Einbringungsrede immer wieder eingehen.

„Lege sehr großen Wert auf den neutralen Blick auf unsere Haushaltssituation“

Als Kämmerin lege ich bei der Bewältigung der Finanzmisere der Stadt Bensheim sehr großen Wert auf den neutralen Blick auf unsere Haushaltssituation, um die Situation objektiv und mit geschultem Blick auf das Ganze beurteilen zu können:

➔ Deswegen haben wir frühzeitig die Kommunalberatung des Hessischen Ministeriums des Innern um eine objektive Analyse gebeten. Diese Institution kennt sich mit kommunalen Haushalten aus, zieht realistische Vergleiche, bietet eben eine objektive Betrachtung der Situation.

➔ Um eine weitere, neutrale, aber fachkundige Expertise für öffentliche Verwaltungen zu erhalten, planen wir, unter Einbindung der Politik, eine Organisationsuntersuchung. Prozesse und Strukturen insgesamt sollen beleuchtet werden.

Es geht darum, die Verwaltung als zukunftsorientiertes Unternehmen aufzustellen; es geht darum, Synergien zu schaffen, Strukturen und Abläufe zu optimieren und den demografischen Wandel auch unter dem Aspekt des Fachkräftemangels im Blick zu haben.

Mehr als 40 Prozent der Verwaltungs-Mitarbeitenden werden in den Ruhestand gehen

Denn in den nächsten 5 bis 15 Jahren werden mehr als 40 Prozent der Mitarbeitenden der Verwaltung in den Ruhestand gehen. Und die Besetzung von Stellen fallen Kommunen wegen der Konkurrenz durch die freie Wirtschaft und wegen des Fachkräftemangels immer schwerer.

Ich lege als Bürgermeisterin sehr großen Wert auf: maximale Transparenz und Ehrlichkeit:

➔ So präsentierte die Kommunalberatung ihre Ergebnisse in einer gemeinsamen Sitzung dem Magistrat und den Vorsitzenden der Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung – und im zweiten Schritt vor einer Woche den Bensheimer Bürgern bei einer Informationsveranstaltung in Auerbach.

Natürlich waren die Haushaltslage der Stadt und die Erhöhung der Grundsteuer B die dringlichsten Themen. Zur versprochenen Transparenz gehört auch der Umgang mit einem umfangreichen Fragenkatalog, gesammelt durch das Bürgernetzwerk.

Dieser Fragenkatalog wurde mit großem Energieaufwand von der Verwaltung beantwortet. Veröffentlicht sind die Antworten auf der Website der Stadt.

Mehr als 60 Vorschläge von Bürgern aus dem Workshop des Bürgernetzwerkes

Hinzu kommen mehr als 60 Vorschläge von Bensheimer Bürgern aus dem Workshop des Bürgernetzwerkes. Ich bewerte diese Vorschläge vorab und an dieser Stelle nicht. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass die Verwaltung in vielen Bereichen bereits aktiv ist.

Ich begrüße, dass Bürgernetzwerk und Fraktionen in Gesprächen sind. Welche dieser Vorschläge umgesetzt werden, wird in den politischen Gremien beraten und entschieden – auch hier in der Stadtverordnetenversammlung.

Denn ich gehe davon aus, dass auch Sie – die Stadtverordneten als die gewählte Vertreter der Bürgerschaft – die Vorschläge auswerten und gegebenenfalls Anträge dazu einbringen.

Zusammenfassung der wichtigsten Ursachen

Zu den Ursachen der Finanzmisere in Bensheim ist in den vergangenen Monaten viel gesagt und geschrieben worden. Daher beschränke ich mich auf eine Zusammenfassung der wichtigsten Ursachen:

1. Immer mehr Leistungen werden von Bund und Land den Kommunen aufgedrückt, die vollständige Gegenfinanzierung aber ist nicht gegeben. Die Differenz tragen die Städte und Gemeinden. Kurzum: Auch in Bensheim legen wir drauf.

Als Beispiel greife ich die aktuellen Diskussionen um die Sicherheit bei Festen auf. Die Sicherheitsbehörden sprechen die „dringende Empfehlung“ aus, bei Festen und Veranstaltungen mit sogenannten „zertifizierte Überfahrsperren“ die Feste zu sichern.

14 zertifizierte Überfahrsperren für Festbetrieb erforderlich

Gemeinhin sprechen wir von „Terrorsperren“. Hier werden die Veranstalter von den Sicherheitsbehörden in die Pflicht genommen, überall dort diese zu errichten, wo freie Zufahrt zu den Veranstaltungsorten gegeben ist.

Das heißt für Bensheim und das Winzerfest geschätzt 14 solcher zertifizierte Überfahrsperren. Eine Sperre kostet nach ersten Recherchen mehrere zehntausend Euro. Auch bei einer entsprechenden Interkommunalen Zusammenarbeit (kurz IKZ) kommen bespielweise hohe Transport-, Lager- und Wartungskosten auf uns zu.

Aber wer bezahlt die Überfahrsperren? Was ist, wenn eine Kommune diese Sperren nicht zahlen kann? Müssen Feste dann abgesagt werden? Ich male schwarz, ich weiß. Aber solchen Fragen müssen wir uns stellen.

Notwendigkeit, politische Versprechen an die Realität zu binden

Denn das populäre Prinzip „Wer die Musik bestellt, bezahlt sie auch“ gilt hier nicht. Gert-Uwe Mende, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Wiesbaden, bringt es auf den Punkt.

Für ihn ist das Prinzip „Wer bestellt, der bezahlt“ keine Frage von Anstand. Für ihn ist es die Notwendigkeit, um politische Versprechen an die Realität zu binden. Dem stimme ich zu.

2. Der Einbruch bei der Gewerbesteuer in Bensheim. Die Weltkonjunktur läuft zwar gut, jedoch stehen südhessische Unternehmen im internationalen Geschäft unter Druck, so die aktuelle Studie der IHK Südhessen.

Gründe dafür sind weiter hohe Energiepreise für inländische Unternehmen sowie der Protektionismus der neuen US-Regierung in der Handelspolitik (Stichworte: „America first“ und Strafzölle).

Nur elf Prozent der südhessischen Unternehmen rechnen in den kommenden Monaten mit einem besseren Auslandsgeschäft, jedes dritte Unternehmen stellt sich auf schlechtere Zeiten ein. So schreibt es die IHK.

Unternehmen scheuen das Investitionsrisiko, zögern bei Personal-Einstellungen

Nur 20 Prozent der südhessischen Unternehmen bewerten ihre Lage als positiv. 54 Prozent bezeichnen ihre Lage als befriedigend, 26 Prozent sind unzufrieden. Unternehmen scheuen das Investitionsrisiko, zögern bei Personal-Einstellungen.

Nur sieben Prozent planen Einstellungen von Personal. 19 Prozent rechnen damit, sich von Personal zu trennen oder Stellen nicht wieder zu besetzen; 74 Prozent der Unternehmen versuchen, die Zahl der Mitarbeiter konstant zu halten. Immerhin.

Konsequenz dieser Entwicklung: In Bensheim werden wir in den kommenden Jahren mit deutlichen Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer kalkulieren müssen.

Aktuelle Nachrichten eines Bensheimer Unternehmens geben zudem Anlass zur Sorge

Die aktuellen Nachrichten über Kurzarbeit eines in Bensheim angesiedelten Unternehmens geben zudem Anlass zur Sorge. Ich stehe in regelmäßigem Austausch mit unseren lokal ansässigen Unternehmen.

3. Als größter Batzen und wichtigste Ursache unserer schlechten Haushaltslage: Mitte 2024 mussten wir erhebliche Gewerbesteuerrückzahlungen für die Jahre 2022 und 2023 von knapp 30,7 Millionen Euro leisten.

Gewerbesteuerrückzahlungen rissen ein großes Loch in den städtischen Haushalt

Diese Situation, entstanden durch eine plötzliche Wendung, riss ein großes Loch in den städtischen Haushalt und zwang uns zu schnellen Reaktionen. Denn die Gewerbesteuer war bisher die wichtigste Ertragsquelle für unseren Haushalt.

Der Magistrat verhängte auf meinen Vorschlag hin Mitte des Jahres 2024 eine Haushaltssperre. Ich forderte die Teams der Stadtverwaltung zur kritischen Überarbeitung ihrer Budgets auf. Wir schließen den Haushalt 2024 mit einem weitaus besseren Ergebnis als ursprünglich geplant mit 7.568.000 Millionen Euro. im Ergebnishaushalt ab.

Mit spitzem Stift einsparen, was die Verwaltung verantworten kann

Im Rahmen der Haushaltsaufstellung für den Haushalt 2025 habe ich verfügt mit spitzem Stift einzusparen, was die Verwaltung verantworten kann. So haben wir bereits jetzt im Haushaltsentwurf 2025, den ich Ihnen heute vorlege, Einsparungen von

âž” 2.544.730,25 Euro im Ergebnishaushalt und

âž” 4.696.600.00 Euro im Finanzhaushalt.

Sehr geehrte Stadtverordnete,

im Haushaltsjahr 2025 planen wir mit ordentlichen Erträgen in Höhe von 124.570.030 Euro. Dem gegenüber stehen ordentliche Aufwendungen in Höhe von 143.043.600 Euro. Das macht ein ordentliches Ergebnis von minus 18.473.570 Euro.

An außerordentlichen Erträgen planen wir mit 35.000 Euro, außerordentlichen Aufwendungen in Höhe von 73.600 Euro. Das macht ein außerordentliches Ergebnis von minus 38.600 Euro und einem Jahresergebnis von insgesamt minus 18.512.570 Euro.

Ausgabensteigerung von etwa drei Millionen

Wie eben erwähnt planen wir an ordentlichen Aufwendungen im Haushalt im Haushaltsplanentwurf 2025 mit gerundet 143 Millionen Euro. Gegenüber dem Haushalt 2024 ist das eine Steigerung von etwa drei Millionen. Sie werden sich fragen, wie passt das zum erklärten Sparziel und den bereits vorgenommenen Einsparungen der Stadt?

Bei einem genauen Blick sind die Ursachen für die Steigerung erkennbar – aber auch, dass diese Steigerung höher ausgefallen wäre, wären wir nicht bereit zu sparen.

An Personal- und Versorgungsaufwendungen kommen wir auf eine Steigerung von 1,549 Millionen Euro. Die Personalkostensteigerungen resultieren im Schwerpunkt aus der Erhöhung im Jahr 2024 um 200 Euro pro Stelle und folgend nochmals um 5,5 Prozent.

Für 2025 laufen die Tarifverhandlungen mit Forderungen von 8%. Eingepreist in den Haushalt der Stadt ist eine Tarifsteigerung von vier Prozent.

Verlustausgleich für Eigenbetrieb Kinderbetreuung von 3.060.136 Euro

Darüber hinaus ist der Verlustausgleich für den Eigenbetrieb Kinderbetreuung in Höhe von 3.060.136 Euro der größte Posten, in dem wiederum auch Personalkostensteigerungen zum Tragen kommen.

In den vergangenen Jahren sind eine deutlichen Kostensteigerungen erkennbar von 14,8 Millionen in 2023, über 16 Millionen in 2024 auf geplante 19.067.022 Millionen in 2025.

„Aber ich lenke nun Ihren Blick auf einige Einsparungen und Mehrerträge:“

- Für den Eigenbetrieb Stadtkultur sind im 2025er Haushaltsplanentwurf 87.489 Euro weniger eingeplant als 2024.

- Bei Vereinsförderung sind Einsparungen in Höhe von 57.200 Euro angesetzt.

- Bei den Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen haben wir Einsparungen von 1,65 Millionen Euro eingeplant. Und das, obwohl die Kosten für diesen Bereich – wir alle spüren es täglich – generell deutlich gestiegen sind.

- Beim KMB wurden im Vorfeld etwa drei Millionen Euro abgeplant. So wurden u.a. Streichungen im Straßenerhaltungsprogramm vorgenommen, dem barrierefreien Umbau von Bushaltestellen, der Straßenbeleuchtung und Maßnahmen zur grundhaften Erneuerung einzelner Straße auf Folgejahre verschoben. Damit sind wir an der äußersten Grenze dessen, was aus Gründen der Verkehrssicherheit vom KMB vertretbar ist.

- Mit einem Plus von 10,75 Millionen Euro rechnen wir bei Erträgen aus Zuweisungen und Zuschüssen für laufende Zwecke und allgemeine Umlagen: hier zeigt sich klar der Wandel Bensheims von einer Geberkommune zu einer Nehmerkommune.

„Ergebnis der eingebrochenen Gewerbesteuer“

Seien wir ehrlich, dies ist das Ergebnis der eingebrochenen Gewerbesteuer. Natürlich ist diese Entwicklung nicht erfreulich, denn zeigt es doch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in denen unsere Stadt steckt.

Die Kommunalberatung brachte es während der Bürgerinformationsveranstaltung auf den Punkt: Ich zitiere: „Wenn Sie Geld generieren wollen, bleibt Ihnen nur die Erhöhung der Grundsteuer B.“

Bürger plagt die Frage, wie hoch ihre Gewerbesteuer-Bescheide ausfallen werden

Die Bürger plagt die Frage, wie hoch ihre Bescheide ausfallen werden. Diese Sorgen höre ich und ich verstehe sie sehr gut. Deswegen lautete das Ziel, durch Einsparungen von den anfangs kommunizierten 1.740 Hebesatzpunkten wegzukommen.

Der Haushaltsplanentwurf, wie ich ihn heute vorstelle, basiert auf der Kalkulation mit 1.275 Hebesatzpunkten in den Jahren 2025 und 2026. Das ist immer noch sehr hoch.

Ich gehe davon aus, dass im Laufe der Haushaltsberatungen weitere Hebesatzpunkte eingespart werden, die eine politische Bewertung erfordern.

Mittelfristige Planung sieht Hebesatzpunkte von 1.660 für die Jahre 2027 und 2028 vor

Um den Haushalt 2025 überhaupt einvernehmungsfähig vorlegen zu können, waren wir gezwungen in der mittelfristigen Planung eine technische Erhöhung der Grundsteuer-Hebesatzpunkte auf 1.660 v.H. für die Jahre 2027 und 2028 einzuplanen.

Es ist unser erklärtes Ziel, dass diese Hebesatzpunkte nicht zum Tragen kommen. Vielmehr wird alles darangesetzt, mittels weiterer Konsolidierungsmaßnahmen, strukturellen Veränderungen in den freiwilligen Leistungen und weiteren Einnahmensteigerungen eine spürbare Reduzierung der Hebesätze zu erreichen.

Ein Ergebnis der Beratungen in den politischen Gremien könnte der Beschluss über eine Nachhaltigkeitsatzung sein. Diese Nachhaltigkeitssatzung würde regeln, nach welchen Kriterien ein hoher Hebesatz der Grundsteuer B wieder gesenkt werden kann.

Unser Ziel lautet, den Hebesatz für die Grundsteuer B so bald als möglich, Zug um Zug wieder zu senken. Wie stark wir die Grundsteuer B tatsächlich erhöhen müssen, wird ein Ergebnis der sicherlich schwierigen Haushaltsberatungen sein.

Wir müssen berücksichtigen:

- Wie wirkt sich der demografische Wandel aus?

- Steigt der Bedarf im Bereich Seniorinnen und Senioren, statt der sinkenden Zahl von zu betreuenden Kindern?

- Bei neuen Gebäuden müssen wir zukunftsorientiert und flexibel planen, eine generationenübergreifende Mehrfachnutzung in Betracht ziehen.

- Bekommen wir den Konsolidierungszeitraum von zehn Jahren genehmigt? Wir drängen auf eine sozialverträgliche Lösung. Derzeit liegt die Vorgabe der Kommunalaufsicht bei fünf Jahren. Und ja, wir haben im Blick, dass je länger die Konsolidierung dauert, die Zinsbelastung und auch die Belastung für die Bürger länger anhält.

• Ein Zitat von Richard von Weizsäcker beschreibt unsere Lage gut: „Alles ist verloren, wenn wir uns entschließen, auf nichts zu verzichten.“

Verwaltung ist offen für neue Wege

Die Verwaltung ist offen für neue Wege. Ein Beispiel verdeutlicht das: Die IT der Stadt Bensheim steht inzwischen auf stabilen Füßen. Das war bei meinem Amtsantritt nicht so und gehörte zu meinen vordringlichsten Aufgaben.

Auf meine Initiative hin führen wir nun Zug um Zug KI in die Verwaltung ein. Einführung Künstlicher Intelligenz, kurz KI, wird helfen, Arbeitsabläufe zu optimieren und zu erleichtern.

Eine Arbeitsgruppe wird Vorschläge erarbeiten, wie und wo KI in der Verwaltung eingesetzt werden kann. Die Mitarbeitenden in der Verwaltung zeigen sich sehr offen für diesen Weg. Das betone ich an dieser Stelle ausdrücklich.

KI wird - da bin ich sicher, das zeigt die Erfahrung an anderer Stelle –für Entlastung sorgen; sie wird Freiräume bei der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schaffen, die für weitere, andere Aufgaben genutzt werden können. So schaffen wir Raum und neue Kapazitäten.

Realistische Analyse der neutralen Kommunalberatung

Denn ich erinnere an die realistische Analyse der neutralen Kommunalberatung. Nach deren Expertise steht Bensheim mit der Zahl seiner Mitarbeitenden in der Kernverwaltung im Vergleich ähnlich großer Städte am unteren Level der Skala.

Will heißen: Die Behauptung, in der Verwaltung der Stadt Bensheim, gebe es einen Überhang an Stellen, ist eine Mär, deren Wahrheitsgehalt nicht steigt, je öfter sie wiederholt wird.

Mir ist wohl bewusst, dass diese Bemerkung auf Widerstand stoßen kann. Aber das beliebte Behörden-Bashing bringt uns nicht weiter. Eine offene, kritische Analyse durch Externe schon.

Verwaltung resilient für die Zukunft aufstellen

Und für diese Analyse sind im Haushalt 2025 Mittel eingestellt. Als Behörde stellen wir uns dieser Organisationsuntersuchung, um die Verwaltung resilient für die Zukunft aufzustellen.

Die objektive Analyse der Kommunalberatung besagt auch, dass in den nächsten fünf bis 15 Jahren fast die Hälfte der Mitarbeitenden der Stadtverwaltung in den Ruhestand gehen wird. Daraus reflexartig und unreflektiert ein Einsparpotenzial durch Stellenstreichung abzuleiten, ist eine gewagte und sehr steile These.

Denn die Verwaltung muss handlungsfähig bleiben. Und sie muss als Arbeitgeber ihre Attraktivität sichern. Wir stehen hier in harter Konkurrenz zum Arbeitsmarktangebot der freien Wirtschaft.

Die Interkommunale Zusammenarbeit bauen wir weiter aus. Wir gehen das proaktiv an und prüfen, in welchen weiteren Bereichen wir gemeinsam mit anderen Kommunen zusammenarbeiten können.

Hier gibt es bereits viele Bereiche, in denen die IKZ sehr gut funktioniert:

- Der Bereich der Feuerwehren: Seit 2020 gibt es eine IKZ zwischen Bensheim und Lautertal im Bereich „Atemschutzgeräte“. Mit Zwingenberg existiert die IKZ bereits seit 2015. Bensheim und Heppenheim unterhalten eine gemeinsame Atemschutzstrecke.

- Personenstandswesen: Bensheim übernimmt seit August 2021 sämtliche Aufgaben des Standamts Zwingenberg. Kostenerstattung hier: 30.000 Euro p.a.

- Forstwirtschaft: Hier vermarktet Bensheim sein Holz gemeinsam mit elf anderen Kommunen.

- Mit der Stadt Zwingenberg besteht eine IKZ beim freiwilligen Polizeidienst.

- Weiterhin besteht eine interkommunale Zusammenarbeit zum Vollzug des Prostituiertenschutzgesetzes

- Die Museen Bensheim und Heppenheim arbeiten zusammen

- Seit Anfang 2022 besteht eine informelle Zusammenarbeit im Bereich Digitalisierung mit Lorsch, Einhausen, Lautertal und Zwingenberg insbesondere für die Bereiche IT-Sicherheit, Umsetzung OZG und DMS. Es wird geprüft, wie wir zusammenarbeiten und Kosten sparen können.

Ganz aktuell konzentrieren sich unsere Bemühungen auf das Thema IT-Sicherheitsbeauftragter. Eine gemeinsame Ausschreibung und Vergabe wurden geprüft.

- Bei der „Kommunalen Wärmeplanung im Konvoi“ gibt es eine Zusammenarbeit mit Lampertheim, Heppenheim, Bürstadt und Lorsch.

- Und nicht zuletzt die Arbeit und Aufgabenerledigung des Zweckverbands Kommunalwirtschaft Mittlere Bergstraße für die Kommunen Groß-Rohrheim, Biblis, Lautertal.

Das sind einige Beispiele unserer bereits gelebten IKZ. Ich sehe weitere Möglichkeiten einer Zusammenarbeit der Kommunen:

- Im Bereich Gebäudemanagement mit der Bündelung von Sachkenntnissen und einer großen Vergabestelle.

- Oder wie im Rheingau-Taunus-Kreis: Mehrere Kommunen teilen sich ein Steueramt. Wo der Bescheid verschickt wird – ob in Lorsch, Heppenheim oder Bensheim – ist dem Empfänger gleich. Der Bescheid muss stimmen.

Zur Wahrheit eines Vergleichs verschiedener Kommunen gehört allerdings auch, dass nicht alles vergleichbar ist. Denn die Gegebenheiten der einzelnen Kommunen sind sehr unterschiedlich. Wir in Bensheim haben zehn sehr gut funktionierende und äußerst zuverlässige Feuerwehren, von deren Einsatzbereitschaft wir alle in der Kernstadt und in den Stadtteilen profitieren.

Eine Kommune wie Neu-Isenburg, bei der die Einwohnerzahl mit Bensheim vergleichbar, hat beispielweise nur drei Stadtteile und zwei Freiwillige Feuerwehren – und entsprechend geringere Kosten.

„Spare, wenn du kannst, und nicht wenn du musst“

Vom erfolgreichen US-amerikanischen Industriellen John D. Rockefeller stammt das Zitat: „Spare, wenn du kannst, und nicht wenn du musst.“

Es wird dauern, bis wir wieder dahin kommen, dass wir sparen, weil wir es können. Wir sind in der Situation, sparen zu müssen. Aber wir sind bereit dazu. Denn die „fetten Jahre“, in der in Bensheim eine Infrastruktur aufgebaut worden ist, die wir heute finanzieren müssen, sind vorbei.

Bensheim war viele Jahre lang eine Geberkommune. Die Zeiten aber, dass Bensheim - wie andere 20 Städte in Hessen auch -, die übrigen mitfinanziert, sind passé. Bensheim ist jetzt und in den Folgejahren eine Nehmerkommune.

Sehr geehrte Stadtverordnete, sehr geehrter Gäste, lassen Sie uns konstruktiv kommunizieren, auf Augenhöhe diskutieren, sachorientiert mit den Zielen:

- das Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen

- die Belastung der Bürger sowie der Gewerbetreibenden zu niedrig wie möglich zu halten

- dabei Attraktivität und Anziehungskraft unserer Stadt zu wahren

- und langfristig Bensheim wieder zu einer Geberkommune zu formen.

Die sehr großen Aufgaben, die auf uns warten, gemeinsam und als Mannschaft bewältigen

Zum Abschluss meiner Einbringungsrede biete ich Ihnen an, die sehr großen Aufgaben, die auf uns warten, gemeinsam und als Mannschaft zu bewältigen. Dieses Angebot gilt parteiübergreifend, für die politischen Gremien, Institutionen wie das Bürgernetzwerk und alle Bürger.

Nur gemeinsam können wir diese sehr große Gemeinschaftsaufgabe bewältigen. Mein Dank gilt den Mitarbeitenden der Teams der Verwaltung, den Eigenbetrieben und dem KMB für das zusätzliche Engagement bei der Bewältigung unserer schwierigen Haushaltslage und die gute Zusammenarbeit.

Insbesondere danke ich den Mitarbeitenden im Team Finanzen und Steuern, für die Bewältigung der besonderen Herausforderung beim Software-Wechsel, der Erstellung des Nachtragshaushalts, Aufstellung des Haushaltentwurfs 2025 und der Umsetzung der Grundsteuerreform. Das forderte sehr viel Einsatz. <