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Gertrud-Eysoldt-Ring geht an Jörg Pohl

Jörg Pohl erhält für seine Doppelrolle in „Molière – der eingebildete Tote“ den Gertrud-Eysoldt-Ring 2023. Foto: Lucia Hunziker

Wilke Weermann erhält Kurt-Hübner-Regiepreis

BENSHEIM. - In diesem Jahr wird Jörg Pohl mit dem Gertrud-Eysoldt-Ring ausgezeichnet: Der Schauspieler am Theater Basel und Mitglied des dortigen vierköpfigen Leitungsteams der Sparte Schauspiel erhält den renommierten Theaterpreis für seine Doppelrolle in „Molière – der eingebildete Tote“ von Nona Fernández, ein Werk nach Molière in der Inszenierung von Antú Romero Nunes.

Der Kurt-Hübner-Regiepreis geht in diesem Jahr an Wilke Weermann für „Unheim“, ein Stück, das er im Auftrag des Schauspiel Frankfurt schrieb und dort in der Saison 2022/23 inszenierte. Die Stadt Bensheim und die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste gaben beide Preisträger jetzt bekannt.

Die Jury, bestehend aus Karin Henkel, André Jung und Jossi Wieler (Vorsitz), würdigt mit dem diesjährigen Gertrud-Eysoldt-Ring einen Schauspieler, der „wie seinerzeit Molière, nicht nur Schauspieler ist, sondern auch das Theater mitleitet“.

Jörg Pohl verkörpert die Rolle von Molière selber, der wiederum die Figur Argan in dessen eigenem Stück „Der eingebildete Kranke“ spielt.

In der Jury-Begründung heißt es: „Jörg Pohl spielt dieses unbedingte Spiel im Spiel mit einer Theaterbesessenheit, die alle Grenzen sprengt, die ästhetischen, wie auch die moralischen; er verausgabt sich lustvoll und mit vollem Körpereinsatz bis zur Erschöpfung, furios, grell und schamlos, umgeben von einem mindestens so spiellustigen Ensemble, das, angesteckt und beschenkt von diesem dionysischen Theatermacher, ebensolche überbordende Energien versprüht.“

Weiter heben die JurorInnen hervor: „Bei allem barocken Wirbel, bei aller scheinbaren Übertretung bürgerlichen Geschmacks, erzählt diese klamaukig kluge Interpretation auch nicht wenig über Fragilität und Vergänglichkeit des Theaters und wird so auch zu einer berührenden Selbstreflexion über den Beruf des Schauspielers.

Jörg Pohl, der nicht nur hoch virtuos und gleichsam rotzfrech spielt, spiegelt in der Figur Molière auch seine Mitverantwortung als Theaterleiter, der ein Bewusstsein davon hat, dass seine Kunst nur im Verbund mit dem Ensemble strahlen kann. Dieses Ethos ist spürbar in allen Rollen, die Jörg Pohl am Theater spielt – mutig, leidenschaftlich und immer existenziell“.

Der Gertrud-Eysoldt-Ring gilt als einer der bedeutendsten Theaterpreise im deutschsprachigen Raum und wird seit 1986 jährlich in Bensheim vergeben.

Mit der Vergabe des Gertrud-Eysoldt-Ringes, einem mit 10.000 Euro dotierten Ehrenring, würdigen die Stadt Bensheim und die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste eine schauspielerische Leistung an einer deutschsprachigen Bühne.

Erste Preisträgerin war Doris Schade, ihr folgten große Schauspielerinnen und Schauspieler wie Klaus Maria Brandauer, Cornelia Froboess, Corinna Harfouch, Nina Hoss, Ulrich Mühe, Ulrich Matthes und Tobias Moretti.

Der Gertrud-Eysoldt-Ring geht auf ein Vermächtnis des Journalisten und Theaterkritikers Wilhelm Ringelband zurück, der bis zu seinem Tod in Bensheim lebte und in seinem Testament einen Schauspielerpreis mit dem Namen von Gertrud Eysoldt verfügte.

Der mit 5.000 Euro dotierte Kurt-Hübner-Regiepreis, der seit 1991 ebenfalls von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste in Bensheim verliehen wird, geht an den jungen Regisseur und Autor Wilke Weermann.

Ausgezeichnet wird er für die Inszenierung seines Stücks „Unheim“, das er als Auftragswerk für das Schauspiel Frankfurt geschrieben hat. „Unheim“ erzählt „witzig und klug eine virtuelle Spukgeschichte in fiktionaler, aber naher Zukunft“.

Jurorin Rita Thiele, ehemals Chefdramaturgin und stellvertretende Intendantin am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, wählte den Preisträger aus und schreibt: „Wilke Weermann gelingt mit seiner urkomischen Dystopie ein durchaus gegenwärtiges Stück über Gefahren der Digitalisierung. Seine Inszenierung zeigt darüber hinaus, wie überaus virtuos er mit den Mitteln des analogen Mediums Theater umzugehen weiß.

Wobei diese niemals das großartige Spielerensemble in den Hintergrund drängen, mit dem Wilke Weermann offensichtlich mit viel Spiellust am Detail gearbeitet hat.“

Die Verleihung des Gertrud-Eysoldt-Rings und des Regiepreises finden am Samstag, 23. März 2024, in Bensheim statt.