Hessischer NSU-Untersuchungsausschuss tagte 50mal
WIESBADEN. - Am gestrigen Montag hat der NSU-Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags zum fünfzigstenmal getagt. Und wieder einmal saßen die Mitglieder der Landtags-Parteien im Ausschuss, der Obmann der CDU anscheinend in einer anderen Sitzung. Denn wie gewohnt fällt sein Fazit diametral anders aus als das der anderen Obleute.
In der Sitzung des NSU-Ausschusses des Landtags am Montag ging es um die Weitergabe von Informationen des hessischen Verfassungsschutzes an das Parlament nach dem Mord an Halit Yozgat. Dabei wurden eklatante Versäumnisse des Innenministeriums deutlich.
In der Berichterstattung des Abgeordneten Hermann Schaus (Linke) liest sich das so: „Oda Scheibelhuber hat als ehemalige Staatssekretärin im Innenministerium nach eigener Aussage eine merkwürdige Rolle gespielt.
Demnach wurde sie möglicherweise erst Anfang oder Mitte Mai 2006 vom Mordverdacht gegen einen Mitarbeiter des Verfassungsschutzes bei einem NSU-Mord informiert – obwohl die restliche Hausspitze, und laut eines Vermerks auch sie selbst dies seit dem 21. April 2006 wusste.
Redundant wiederholte sie, eine Unterrichtung des Geheimgremiums des Parlamentes sei auch dann nicht möglich gewesen, als mit Polizisten, ‚Verfassungsschutz', Staatsanwaltschaft, Bundesermittlern und der BILD-Zeitung „weit über hundert Personen Kenntnis davon hatten".
Auch der Obmann von Bündnis 90/Die Grünen, Jürgen Frömmrich, berichtet: „Dass das Kontrollgremium des Landtages für den Verfassungsschutz (PKV) nicht früher über den Tatverdacht gegen T. unterrichtet wurde, erklärte Scheibelhuber damit, der Tatverdacht sei zum Sitzungstermin der PKV nicht mehr dringend gewesen, so dass seine Persönlichkeitsrechte stärker zu gewichten waren.
Die Zeugin hat allerdings selbst Verständnis dafür geäußert, dass die Parlamentarier nicht zufrieden sind mit dieser Antwort. Aus heutiger Sicht hätte eine frühere Unterrichtung helfen können, Missverständnisse zu vermeiden."
Die Obfrau der SPD im Untersuchungsausschuss, Nancy Faeser, nannte die Aussage der ehemaligen Staatsekretärin „bemerkenswert". Faeser sagte dazu: „Es stellt sich für uns die Frage, wieso Frau Scheibelhuber weder vom damaligen Innenminister Bouffier, noch vom zuständigen Abteilungsleiter, über die Anwesenheit von Andreas Temme am Tatort informiert worden sein soll.
Als Vertreterin des Ministers in einem solch entscheidenden Punkt im Dunkeln gelassen zu werden, zeugt nicht gerade von einer vertrauensvollen Zusammenarbeit in der damaligen Spitze des Innenministeriums und lässt auch die Frage zu, welche Kontrolle die Hausspitze des Innenministeriums über ihre nachgeordneten Behörden ausübte.
Auf Nachfrage bestätigte Frau Scheibelhuber zudem, dass sie bei der Aufarbeitung nach der Entdeckung des NSU im Jahr 2011 nicht einbezogen oder befragt wurde. Es bleibt für uns die Frage, was eigentlich vor Einsetzung des Untersuchungsausschusses aufgearbeitet wurde."
Der CDU-Obmann Bellino allerdings berichtet in gewohnter Weise: Die über fünfstündige Vernehmung der Zeugin drehte sich seitens der Opposition jedoch im Wesentlichen um die Frage, wann sie Kenntnis von was erlangt hat und wann das Parlament informiert wurde.
Unzählige Male musste die Zeugin ihre Aussage wiederholen, dass die Staatsanwaltschaft Herrin des Verfahrens war und auf deren Hinweis hin, eine Information der parlamentarischen Gremien zum Schutz des Ermittlungsverfahrens, aber auch von Sicherheitsbelangen und Persönlichkeitsrechten, unterbleiben sollte.
Der ehemalige Innenminister Boris Rhein konnte nicht mehr gehört werden, seine Aussage wurde verschoben. Die Zeugenaussage von Ministerpräsident Volker Bouffier, der 2006 Innenminister war, ist für den 19. Mai geplant.