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„Hessen kann mehr, als die aktuelle Landesregierung zeigt“

Der sozialdemokratische Bundesvorsitzende Lars Klingbeil (rechts) im Gespräch mit dem Odenwälder Landtagskandidaten Rüdiger Holschuh.

Michaela Tischler stimmte musikalisch auf den Abend ein: >Klingbeil im Gespräch< im Michelstädter Eventlokal >Hüttenwerk<.

Der Bundesvorsitzende beleuchtete Bundes- und hessische Landespolitik und stellte sich den Fragen aus dem Publikum.

>Bella Ciao< hieß es zum Abschluss des Abends mit >Klingbeil im Gespräch< im Hüttenwerk in Michelstadt.

Ein Dankeschön in Form von Odenwälder Spezialitäten von Rüdiger Holschuh (Mitte) an Lars Klingbeil (rechts) und den Bundestagsabgeordneten Dr. Jens Zimmermann. Fotos: er

Hessenwahl: SPD-Bundesvorsitzender Lars Klingbeil stimmt zum Wahlkampf-Schlussspurt in Michelstadt in moderaten Tönen auf die Entscheidung ein

ODENWALDKREIS / MICHELSTADT. - Zum Schlussspurt vor der Landtagswahl am Sonntag, 8. Oktober, konnten sich die Odenwälder Sozialdemokraten über Prominenz aus Berlin freuen. Mit Lars Klingbeil war kein Geringerer als der SPD-Parteivorsitzende nach Michelstadt gekommen.

Im Event-Lokal „Hüttenwerk“ konnten der Odenwälder Landtagskandidat Rüdiger Holschuh und Bundestagsabgeordneter Dr. Jens Zimmermann rund 150 Gäste begrüßen, die allerdings keinen „Wahlkämpfer“ im klassischen Sinne erlebten. „Klingbeil im Gespräch“ lautete das Motto.

Und so verlief der Auftritt schließlich auch: Klingbeil sprach als verbindlicher, sachorientierter Redner zunächst mehrere bundespolitische Themen und deren Auswirkungen auf die Länder, insbesondere natürlich Hessen, an und zeigte Lösungswege auf, die er als gangbar erachtet, bevor der Bundesvorsitzende zahlreiche schriftliche Fragen aus dem Publikum geduldig beantwortete und sich selbst Nachfragen stellte.

Wahlkampf gab's freilich auch – in moderaten Tönen: so sieht es Klingbeil als verwerflich, wenn sich hessische Politiker der CDU-geführten Landesregierung mit Federn schmückten, die ausschließlich auf Aktivitäten der Bundesregierung basierten, bei allem Negativen aus dem eigenen Haus jedoch mit dem Finger nach Berlin zeigen würden.

Bei allem politischen Gegenwind, der ihr aktuell entgegen wehe, „lassen wir es uns nicht nehmen, egal von wem: Nancy Faeser ist die richtige Kandidatin, um den Industriestandort Hessen zu erhalten und auszubauen“.

So sei die SPD-Spitzenkandidatin, Bundesinnenminsierin Nancy Faeser, die erste Politikerin gewesen, die in jüngster Vergangenheit bei Opel in Rüsselsheim gewesen sei und mit ihrer Unterstützung dazu beitragen werde, den wichtigen Industriestandort in Hessen zu sichern.

Mit der klaren politischen Positionierung, das Grundrecht auf Asyl dürfe nicht in Frage gestellt werden, positionierte sich Lars Klingbeil auch zur Polizei: „Deren Befugnisse müssen erweitert werden.“ Auch dafür stehe Faeser.

Rechte zu bekämpfen funktioniere nicht mit Panik. „Die Alltagssorgen der Menschen lösen“, sei hier vielmehr ein probates Mittel, ohne dass es hierzu einer ausgestreckten Hand an Rechtsextreme bedürfe. Das werde es mit der sozialdemokratischen Partei nicht geben, betonte Klingbeil unter heftigem Beifall.

Probleme gelte es mit Zuversicht und Optimismus anzugehen. Hessen, das bundespolitisch aktuell keine Rolle spiele, sei ein tolles Land, das derzeit von zwei Parteien regiert werde, die keinerlei Gestaltungsanspruch erkennen ließen: „Hessen kann mehr, als die aktuelle Landesregierung zeigt“, sagte der Bundesvorsitzende der Sozialdemokraten.

Die derzeit in die Schlagzeilen geratene Krankenhausfinanzierung leide unter dem Profitgedanken, orientiere sich seit Jahren nicht mehr am Gemeinwohl. Das werde Gesundheitsminister Karl Lauterbach ändern, auch wenn man noch zwei bis drei Jahre überbrücken müsse, „um das Krankenhaussterben zu verhindern“.

Auch diesbezüglich rügte Klingbeil die aktuelle hessische Landesregierung. Deren Aufgabe sei es die Krankenhaus-Investitionskosten zu regeln, gleichwohl hülle sie sich in Schweigen und treffe keine Aussagen zur Krankenhausregulierung.

Um mutige Veränderungen zu moderieren, sei die Ampel in Berlin genau richtig, denn sie würde Probleme lösen, auch wenn dies gelegentlich, wie zuletzt beim Heizungsgesetz, erst über unnötige Umwege erfolgt sei.

Rüdiger Holschuh sieht in Hessen die Bildung weiterhin in Gefahr. Das manifestierte er an 12.500 fehlenden Lehrern. Auch die innere Sicherheit stehe mit „alleingelassenen Polizeibeamten“ in der Kritik, sagte der Landtagskandidat.

Die Probleme im ländlichen Raum wie dem Odenwald würden in Wiesbaden nicht gehört. So verweigere Wirtschaftsminister Tarek Al Wazir seit Jahren den dringend nötigen Ausbau der Bundesstraßen 38 und 45.

Kommentar von Lars Klingbeil, der selbst aus dem ländlichen Heidekreis in Westfalen kommt: „Politik ist nicht nur Großstadt!“

Mut machte der SPD-Bundesvorsitzende dem Landtagskandidaten Rüdiger Holschuh mit dem Verweis auf die bei der vergangenen Wahl fehlenden 99 Stimmen zum Gewinn des Direktmandats: „Wenn jeder der hier Anwesenden eine zusätzliche Stimme für Dich wirbt, dann erreichst Du das Ziel auf direktem Weg.“

Hessen sei ein tolles Land mit tollen Menschen. Wenn alle hier ihre Verantwortung wahrnehmen würden, dann hätten Spalter keine Chance, sagte Lars Klingbeil abschließend. 

Moderiert wurde der Abend von Ralf Drexelius. Hauherrin Michaela Tischler brillierte einmal mehr mit zwei Liedvorträgen, mit denen sie den Abend einläutete und auch beendete.