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Gertrud-Eysoldt-Ring für Patrycia Ziolkowska und Alicia Aumüller

STRAHLENDE PREISTRÄGERINNEN des Gertrud-Eysoldt-Rings: die Schauspielerinnen Alicia Aumüller und Patrycia Ziolkowska (von rechts) mit der Bensheimer Bürgermeisterin Christine Klein, dem Regisseur und Laudator Nicolas Stemann sowie dem Präsidenten der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste, Professor Hans-Jürgen Drescher (von links).

Die frisch gekürte Preisträgerin des Kurt-Hübner-Regiepreises 2022 Marie Schleef mit Christine Klein, Jurorin und Laudatorin Rita Thiele und Prof. Hans-Jürgen Drescher (von links).

Hessens Kultusministerin Angela Dorn, ...

... die Bensheimer Bürgermeisterin Christine Klein und der ...

... Präsident der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste, Prof. Hans-Jürgen Drescher hoben unisono die Bedeutung des Schauspiels gerade in Krisenzeiten hervor.

Die Dramaturgin und Jurorin Rita Thiele hielt die Laudatio auf die Kurt-Hübner-Preisträgerin Marie Schleef.

Regisseur Nicolas Stemann inszenierte „Ödipus Tyrann“ am Schauspielhaus Zürich. Er hielt die Laudatio auf die neuen Eysoldt-Preisträgerinnen Patrycia Ziolkowska und Alicia Aumüller, die die Rollen in diesem Theaterstück besetzten.

Alicia Aumüller (links) und Patrycia Ziolkowska bei ihrer Dankesrede, die sie mit einem gemeinsam vorgetragenen Lied abschlosssen.

Christian Friedel geleitete als >musikalischer Conferencier< - auch mit seiner Band >Woods of Birnam< durch die Preisverleihung im Bensheimer Parktheater.

Heiße Rhythmen und eifrig Tanzende auch im benachbarten Bürgerhaus bei der anschließenden Gala. Fotos: er

Geballte Frauenpower: die Schauspielerinnen erhielten in Bensheim den renommierten Eysoldt-Preis für ihre Rollen in „Ödipus Tyrann“ am Schauspielhaus Zürich + + + Der Kurt-Hübner-Regiepreis 2022 ging an Marie Schleef für die Inszenierung „Once I lived with a stranger“ am Schauspiel Köln

BENSHEIM. - „Gleich drei Preisträgerinnen – das hat es in der langen Geschichte der beiden Theaterpreise noch nie gegeben“, konstatierte Christine Klein bei der Begrüßung zur Verleihung des Gertrud-Eysoldt-Rings an die Schauspielerinnen Patrycia Ziolkowska und Alicia Aumüller und des Kurt-Hübner-Regiepreises 2022, der an Marie Schleef ging.

Mit der Vergabe des Gertrud-Eysoldt-Ringes, einem mit 10.000 Euro dotierten Ehrenring, würdigt die Stadt Bensheim in Kooperation mit der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste alljährlich eine schauspielerische Leistung an einer deutschsprachigen Bühne.

„Preisverleihung ein Höhepunkt des Jahres“

„Ohne Frauen geht es nicht. Das hat sogar Gott einsehen müsssen“, zitierte die Bensheimer Bürgermeisterin die italienische Theaterschauspielerin Eleonora Duse bei ihrer Begrüßung im Parktheater.

Klein erwähnte voller Stolz, dass zwei der bedeutendsten Theaterpreise im deutschsprachigen Raum alljährlich in Bensheim vergeben werden. „Die Preisverleihung ist für uns stets ein Höhepunkt des Jahres.“

Dabei wünsche sie sich keineswegs, dass künftig immer ausschließlich Frauen mit dem Eysoldt-Ring und dem Kurt-Hübner-Preis ausgezeichnet werden. „Ich bin auch weit davon entfernt, künstlerische Leistungen als Wettstreit zwischen den Geschlechtern zu sehen.“

Schauspielleistungen um ihrer selbst willen schätzen und bewundern

Herausragende Schauspielleistungen und großartige Regiearbeiten sollten um ihrer selbst willen geschätzt und bewundert werden.

„Dabei sollte es völlig irrelevant sein, ob diese Darbietungen und Leistungen von einem Mann, einer Frau oder einer diverssen Person stammen.“

Schon die Entstehungsgeschichte des Gertrud-Eysoldt-Rings stehe für den gegenseitigen Respekt zwischen den Geschlechtern anstelle des Geschlechterkampfs.

Erste Feministin des deutschen Theaters

Der bis zu seinem Tod 1981 in Auerbach lebende Theaterkritiker Wilhelm Ringelband habe den Preis gestiftet „aus Bewunderung für die Schauspielkunst einer Frau, die von manchen als die erste Feministin des deutschen Theaters gesehen wird.

Ganz offenkundig stand hier das Verbindende durch die Theaterbegeisterung beider Menschen im Vordergrund“.

Nicht umsonst sei der >Equal Pay Day 2023< unter dem Motto gelaufen: „Die Kunst der gleichen Bezahlung.“ Gleiche Bezahlung in Kunst und Kultur sei ein wichtiges Ziel. Es brauche auch am Theater Gleichberechtigung.

Berührendes und begeisterndes Spiel

Es gebe auch in der Theaterbranche noch viel zu tun, „um Frauen endlich die Geltung zu verschaffen, die sie verdienen“.

Alicia Aumüller und Patrycia Ziolkowska jedenfalls wurde durch die Jury mit Jossi Wieler, Karin Henkel und André Jung (selbst Eysoldt-Preisträger 2018) mit der Preisverleihung Geltung verschafft für ihr berührendes und begeisterndes Spiel.

Virtuos, wie sie als Spielerinnen zu Ödipus‘ Töchter werden

In der Jury-Begründung heißt es: „Alicia Aumüller und Patrycia Ziolkowska spielen in Ödipus Tyrann sämtliche Rollen und gebannt schauen wir zu, wie lässig und dennoch ernsthaft, wie komisch und dennoch sensibel sie in diese hinein und aus ihnen wieder herausspringen.

Virtuos ist es, wie sie als Spielerinnen zu Ödipus‘ Töchter werden, wie sie mal Chor oder Chorführer, wie sie Tiresias, Iokaste, Kreon, Bote, Diener und selbstverständlich auch Ödipus selber sind oder diese Figuren manchmal auch nur anskizzieren.

Im Vertrauen aufeinander

Sie verkörpern sie in schlichten schwarzen Kleidern mit nur wenigen Accessoires auf einer schmalen Bühne vorm Eisernen Vorhang im Vertrauen auf den Text, auf die Geschichte, auf die Sprache. Und aufeinander!

Wie modern die beiden Künstlerinnen gemeinsam die großen Themen dieses antiken Dramas spielend erzählen, berührt und begeistert sehr. Temporeich und direkt, changierend zwischen den Geschlechtern und keine Klischees bedienend, debattieren sie miteinander über Macht, Schuld und Recht.

Fasziniert sind wir von einem Krimi, der intelligenter und nahbarer kaum erzählt werden kann.

Sich gegenseitig zuzuhören, sich gegenseitig fordern

Das Geheimnis hinter dem mutigen Spiel von Alicia Aumüller und Patrycia Ziolkowska ist ihre Fähigkeit, sich gegenseitig zuzuhören, sich gegenseitig zu fordern, sich aber auch immer wieder zu bescheiden. Ihr Theater lebt von der künstlerischen Freiheit im Umgang miteinander.“

Nicolas Stemann, Regisseur und Intendant am Schauspielhaus Zürich, hielt die Laudatio auf die beiden Preisträgerinnen, mit denen er seit vielen Jahren zusammenarbeitet.

„Wenn ich Ödipus spiele, ist es mir egal, dass ich das als Frau tue“

Mit einem Zitat Patrycia Ziolkowskas gewährte er einen Blick hinter die Kulissen: „Wenn ich Ödipus spiele, ist es mir egal, dass ich das als Frau tue.“ Sie befreie sich immer wieder aus Rollen-Klischees und ermögliche damit neue, spannende Blicke auf den Theaterstoff. „Sie ist geballtes Talent.“

Alicia Aumüller vereine hoch präzises Spiel wie auch die freie Entfaltung innerhalb ihrer Rolle. „Ihr beide seid die Musik wie auch die Instrumente“, adelte Nicolas Stemann die Künstlerinnen. Das gemeinsame Spiel sei atemraubend und entziehe sich jeder widerspruchsfreien Bewertung - Kunst eben! 

Marie Schleef als „Verwegene“ ganz im Sinne Kurt Hübners gewürdigt

Jurorin und Laudatorin Rita Thiele hatte zuvor die junge Regisseurin Marie Schleef als „Verwegene“ ganz im Sinne Kurt Hübners, die neue ungewöhnliche Wege gehe, gewürdigt.

Mit ihrer Regiearbeit „Once I lived with a stranger“ habe sie ein gespenstisches und bildgewaltiges Stück geschaffen, das das Publikum „mutig, entschieden und unbequem“ herausfordere.

Kultur als existenzieller Bestandteil einer Gesellschaft

Angela Dorn, Hessens Ministerin für Wissenschaft und Kunst, skizzierte die Kultur als existenziellen Bestandteil einer Gesellschaft, über den sich letztlich auch deren demokratisches Verständnis definiere. Zuletzt habe die Pandemie deutlich gemacht, dass es nicht ohne gehe.

Auch offenbare der Ukraine-Krieg in erschreckender Form, wie eine kulturelle Identität einer ganzen Nation ausgelöscht werden solle.

„Die Krise als Narrativ bestimmt unsere Wahrnehmung“

„Die Krise als Narrativ bestimmt unsere Wahrnehmung“, knüpfte Prof. Hans-Jürgen Drescher, Präsident der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste, an und befand, frei nach Shakespeare: „Die Zeit ist aus den Fugen.“

Hier biete das Theater alle Voraussetzungen, um sich zu befreien und neue Perspektiven zu erproben. Das Theater führe die These der Alternativlosigkeit ad absurdum und habe das Potenzial, zu zeigen, dass alles auch ganz anders sein könne. „Das Theater öffnet den Raum für das, was noch nicht denkbar ist“, sagte er.

Erinnerung an den >Herrn der Ringe<

Bei aller Freude über die Kunst der ausgezeichneten Preisträgerinnen hatte Bürgermeisterin Christine Klein einen Wermutstropfen zu verkünden: die beiden aktuell an Patrycia Ziolkowska und Alicia Aumüller verliehenen Eysoldt-Ringe waren die letzten aus der Kreativwerkstatt von Fritz Dorsheimer.

Der Bensheimer Goldschmiedemeister, liebevoll auch als >Herr der Ringe< tituliert, war einen Tag zuvor beigesetzt worden. Er hatte die Ringe seit deren erstmaliger Verleihung im Jahr 1986 alljährlich nach einer Vorlage des Düsseldorfer Goldschmieds Franz J. Bette angefertigt. „Wir werden seiner gedenken“, sagte Klein.

Dankesrede in Form eines antiken Chors

Ihren Dank inszenierten Patrycia Ziolkowska und Alicia Aumüller abschließend in Form eines antiken Chors, dem sie abschließend ein gemeinsam vorgetragenes Lied folgen ließen.

Schauspieler und Musiker Christian Friedel hatte als >musikalischer Conferencier< - auch mit seiner Band >Woods of Birnam< - stilvoll durch die Preisverleihung im Bensheimer Parktheater geleitet, ehe im benachbarten Bürgerhaus die große Gala begann.