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RĂŒckkehr nach 35 Jahren

Kelchkrater.

Lekythos. Fotos: © SGH

Staatliche Schlösser und GĂ€rten Hessen ersteigern in New York antike Vasen fĂŒr GrĂ€fliche Sammlungen des Schlosses Erbach

ERBACH. - Die Staatlichen Schlösser und GĂ€rten Hessen (SG) haben zwei kostbare antike Vasen fĂŒr die GrĂ€flichen Sammlungen des Schlosses Erbach bei Christie’s in New York ersteigert.

Sie sind ein hochbedeutender Fund und kehren nach 35 Jahren an ihren Bestimmungsort zurĂŒck. Beide GefĂ€ĂŸe, eine sogenannte Lekythos und ein Kelchkrater, gehörten zum ursprĂŒnglichen Bestand des „Etruskischen Kabinetts“ von Graf Franz I. zu Erbach-Erbach (17541823).

Den Auktionskauf unterstĂŒtzten die Ernst von Siemens Kunststiftung, die Hessische Kulturstiftung sowie der Verein der Freunde und Förderer der GrĂ€flichen Sammlungen Schloss Erbach. Er schafft eine wichtige Voraussetzung fĂŒr die Rekonstruktion eines authentischen historischen Raumes.

Bei der PrÀsentation der Vasen am heutigen Freitag, 9. Oktober, dankten die StaatssekretÀrin im Hessischen Wissenschafts- und Kunstministerium, Ayse Asar, und die Direktorin der Schlösserverwaltung, Kirsten Worms, den Förder*innen.

„Die Sammlung Franz I. mit griechischen, unteritalischen und etruskischen GefĂ€ĂŸen aus dem 6. bis 2. vorchristlichen Jahrhundert ist einer der ersten in Deutschland dieser Art.

Sie stellte zum Zeitpunkt ihrer Zusammenstellung einen reprÀsentativen Querschnitt durch die damals bekannte antike Keramik dar. Die Sammelleidenschaft und die Raumausstattungen des Grafen haben das Erbacher Residenzschloss in ein Gesamtkunstwerk verwandelt.

Ich gratuliere den Staatlichen Schlössern und GĂ€rten zu dieser beeindruckenden ErgĂ€nzung der Sammlung und lade alle Besucherinnen und Besucher ein, sich diese faszinierenden StĂŒcke in natura anzuschauen“, so StaatssekretĂ€rin Asar.

Vasen zĂ€hlen zu PrunkstĂŒcken der GefĂ€ĂŸe-Sammlung

Am 16. Juni erhielt die Schlösserverwaltung bei Christie’s in New York die ZuschlĂ€ge fĂŒr eine attisch schwarzfigurige Lekythos (um 525-500 v. Chr.) und einen sizilisch rotfigurigen Kelchkrater (um 400-375 v. Chr.), die mythische Szenen schildern:

Die eine stellt umlaufend ein Bacchanal (Trinkgelage) dar, die andere ist mit einem Kampf zwischen einem Kentauren und einem mit Schild und Lanze bewaffneten Krieger geschmĂŒckt. Ihr Preis belief sich auf umgerechnet rund 40.000 Euro.

Worms betonte, dass die Vasen fĂŒr den von AltertĂŒmern begeisterten Grafen „von herausragender Bedeutung waren“. Er ĂŒbernahm sie in eine Auswahl, die er in einem Prachtkatalog von 1808 mit ErlĂ€uterungen und Illustrationen verzeichnete.

Der Erbacher Graf hatte auf der zweiten seiner Italienreisen im Jahr 1791 den Hauptteil seiner fast 180 GefĂ€ĂŸe mit viel Sachverstand zusammengetragen. Die nun zurĂŒckgeholten Vasen gehören zu den wertvollsten.

Stiftungen betonen Potential fĂŒr die Wissenschaft

Die GeschĂ€ftsfĂŒhrerin der Hessischen Kulturstiftung, Eva Claudia Scholtz, nannte die ZusammenfĂŒhrung der Vasen “ein Fest fĂŒr die Forschung”.

Die GefĂ€ĂŸe “gewĂ€hren uns einen Einblick nicht nur in die attische und unteritalische Kunst des 6. und 5. Jahrhunderts vor Christus, sondern auch in die europĂ€ische Kunstauffassung zwischen Klassizismus und Romantik.” Sie dokumentierten den Einfluss der antiken Kunst auf Zeitgeist und Kunsthandwerk.

Der GeneralsekretĂ€r der Ernst von Siemens Kunststiftung, Dr. Martin Hoernes, wĂŒrdigte den Einsatz der Wissenschaftler*innen bei den Staatlichen Schlösser und GĂ€rten Hessen.

Sie hĂ€tten mit Diskretion die fachliche Grundlage fĂŒr die Erwerbung unter Zeitdruck gelegt. Die Stiftung freue sich, ihren Anteil am Ankauf entschlossen wahrgenommen zu haben: So kehrten die Vasen zurĂŒck an den Ort, „an dem sie ĂŒber 100 Jahre raumprĂ€gend wirkten“.

Chance einer Raumrekonstruktion

Nach den Worten der wissenschaftlichen Leiterin der GrĂ€flichen Sammlungen, Dr. Anja Kalinowski, bestehe mit dem Kauf nun die Chance einer grĂ¶ĂŸtmöglichen AnnĂ€herung an das grĂ€fliche

Schlafzimmer. Durch eine Rekonstruktion könne das „vermutlich Ă€lteste Etruskerzimmer Deutschlands“ wieder zum Leben erweckt werden. Ein Teil der Vasensammlung kehre dann vom GrĂŒnen Salon des Schlosses, wo sie im 19. Jahrhundert aufgestellt wurden, in das ursprĂŒngliche Schlaf-Kabinett zurĂŒck.

Die GefĂ€ĂŸe werden dort zusammen mit noch vorhandenen Malereien nach antiken Vasenbildern des vielseitigen Erbacher HofkĂŒnstlers Wilhelm Wendt den ehemaligen Raumeindruck ergĂ€nzen. Wendt verantwortete auch Restaurierungen an den Vasen, deren Spuren heute zur Geschichte der Objekte gehören.