Hessische Unternehmen spüren Folgen des Brexits
IHK warnt vor erheblichen Kosten bei No-Deal Brexit + + + Deutsch-britische Industrie– und Handelskammer erwartet abgespecktes Freihandelsabkommen + + + IHK berät Unternehmen in InformationsveranstaltungSÜDHESSEN / DARMSTADT. - Das Vereinigte Königreich, fünftwichtigster Handelspartner für Südhessen, wird am 31. Januar um Mitternacht aus der EU ausscheiden. Insbesondere die für diese Region wichtige Automobilbranche ist vom Brexit betroffen.
Nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes für die ersten zehn Monate des Jahres 2019 verringerte sich das Exportvolumen für die Automobilbranche in das Vereinigte Königreich um mehr als ein Drittel.
Die hessischen Exporte betrugen von Januar bis Oktober 2019 372,7 Millionen Euro und verloren im Vergleich zum Vorjahr 35 Prozent (2018: 572,0 Millionen Euro).
Ähnlich sieht es bei der Einfuhr aus. In den ersten zehn Monaten des Jahres 2019 betrugen die Einfuhren 989 Millionen Euro, was einen Rückgang von 15,5 Prozent bedeutet (2018: 1, 17 Milliarden Euro).
„Die Folgen für Unternehmen im Automobilsektor wären immens und der Handel mit dem Vereinigten Königreich droht weiter einzubrechen, sollte es Ende 2020 zu einem harten Brexit kommen.
Zölle in Höhe von rund 80 Millionen Euro allein im Automobilsektor könnten die Folge sein, ausgehend von den dann greifenden WTO-Zöllen“, sagt Jovana Stojkoski, Expertin für Außenhandel bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar. Ein Freihandelsabkommen könnte diese Folgen abfedern.
Abgespecktes Freihandelsabkommen erwartet
Der Abschluss eines umfassenden Abkommens ist nach Ansicht von Dr. Ulrich Hoppe, Chef der deutsch-britischen Industrie– und Handelskammer, allerdings wenig wahrscheinlich.
„Die Vereinbarung eines umfassenden Freihandelsabkommens bis Ende des Jahres kann als eher unwahrscheinlich angesehen werden.
Nach Ansicht der meisten Experten ist das Maximum, was wir erwarten können, ein abgespecktes Freihandelsabkommen, welches im Wesentlichen nur Zollfreiheit und Verbot von Mengenbeschränkungen für die meisten Wirtschaftsbereiche beinhalten wird. Regulative Fragen werden weitestgehend aufgrund des Zeitdrucks ausgeklammert werden“, sagt Dr. Ulrich Hoppe.
Positiver Trend bei der Pharmaindustrie
Die in Südhessen stark vertretene Pharmaindustrie verbucht in den ersten zehn Monaten des Jahres 2019 bei den Ausfuhren in das Vereinigte Königreich einen positiven Trend mit einem Exportvolumen von 213,5 Millionen Euro und einem Plus von 1,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2018: 209,8 Millionen Euro).
Die Importe stiegen 2019 auf 318,8 Millionen Euro. Das ist ein Plus von 12,6 Prozent zum Vorjahreszeitraum (2018: 278,3 Millionen).
In der chemischen Industrie sieht es ähnlich stabil aus. Die Ausfuhren in das Vereinigte Königreich betrugen in den ersten zehn Monaten des Jahres 2019 479,9 Millionen Euro, was ein Plus von 0,4 Prozent bedeutet (2018: 447,8 Millionen Euro).
Importiert wurden Waren im Wert von 485,5 Millionen Euro, ein Plus von 7,4 Prozent. (2018: 449,1 Millionen Euro). Sollte es zu einem harten Brexit kommen, könnten Zölle in Höhe von rund 45 Millionen Euro anfallen.
„Unabhängig davon, ob es zu einem harten Brexit kommt oder nicht, sollten sich Unternehmen in jedem Fall darauf vorbereiten, dass es ab dem 1. Januar 2021 sehr wahrscheinlich Zollgrenzen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich geben wird. Dann greifen alle üblichen Zollformalitäten wie mit allen anderen Ländern außerhalb der EU“, rät Stojkoski.
Am 30. März 2020 bietet die IHK Darmstadt die Möglichkeit in einer Informationsveranstaltung mit Brexit-Expertinnen über mögliche Auswirkungen des Brexits für Unternehmen zu diskutieren. Anmeldung und weitere Details stehen bereit unter www.darmstadt.ihk.de (Nummer 115132843 ins Suchfeld eingeben).
Ansprechpartnerin: Jovana Stojkoski, Team International, 06151 871-1254, jovana.stojkoski(at)darmstadt.ihk.de