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UWG Friedberg: Ist der Denkmalschutz in Hessen noch zu retten?

Mitte links der Bereich des Gasthauses aus dem 17., rechts und hinten Reste aus dem 13. Jahrhundert. Links vor der dort erkennbaren Mauer liegen bereits die dicken Flexrohre, die zur Ver- und Entsorgung der Reihenhäuser Verwendung finden.

Im Hintergrund die „Ritterwiese“, auf der Gebäude mit Studentenwohnungen errichtet werden sollen.

FRIEDBERG. - In der jüngsten Berichterstattung erfuhr die Friedberger Bevölkerung von vorläufigen Ergebnissen archäologischer Grabungen in der Friedberger Burg vor dem in der Sanierung befindlichen „Bünau’schen Hof“, so die UWG Friedberg in einer Pressemitteilung. Hintergrund sei der geplante Bau von drei Reihenhäusern auf dem betreffenden Gelände „unter dem Adolfsturm“.

Wie der UWG-Vorsitzende Friedrich Wilhelm Durchdewald mitteilt, sei der Bericht vom 20. September Anlass gewesen, die Grabungsstätte zu besichtigen. Die zu dem Zeitpunkt anwesende Grabungsleiterin Dr. Elisabeth Ida Faulstich-Schilling habe in einer kleinen Führung die bisherigen Funde und Freilegungen erläutert.

Darunter stammten die bisher ältesten Mauerreste aus der Stauferzeit 12./13. Jahrhundert (Ende des Hochmittelalters) und die „neuesten“ aus der frühen Neuzeit (16./17. Jhdt.). Die Antwort auf eine eigentlich unverfängliche Frage auf den Hinweis der Archäologin, dass es sich bei dem größten erkennbaren Mauerrechteck um ein im 17. Jahrhundert errichteten großen Gasthauses handele, ließ dann aufhorchen, so Durchdewald.

So habe Dr. Faulstich-Schilling auf die Frage geantwortet, woraus sie dort auf ein Gasthaus schließe, das wisse man aus einer Zeichnung aus dem 18. Jahrhundert, in der dieses Gebäude dargestellt gewesen sei.

Dieses Wissen sei der eigentliche Skandal an dem Deal des Landes Hessen mit der Bauherrschaft der künftigen Bebauung, so der UWG-Vorsitzende. Man habe hier, mutmaßlich im Zusammenwirken mit der Landes- und Kreisdankmalschutzbehörde, wissentlich wertvolles historisches Gelände zu einer ohnehin nicht in die Burganlage gehörenden Bebauung verhökert.

Das werde noch verstärkt durch die Überzeugung und das Wissen, dass sich unter den bisherigen Ausgrabungen noch Reste aus der römischen Kaiserzeit befinden. Es sei überliefert, dass sich im Burgbereich ab Beginn des 1. Jahrhunderts n.Chr. ein römisches Heerlager befunden habe.

In der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts sei dort ein römisches Kastell errichtet worden, das erst im Jahr 260 aufgegeben worden sei. Aus diesen gewonnenen Erkenntnissen leite sich die Infragestellung der Institution Denkmalschutz ab.

Das gelte insbesondere, wenn einerseits privaten Bauherren bei jeder Dacheindeckung, jedem historischen Balken und, wie auf der Kaiserstraße, selbst bei nicht mehr vollständigen Kellern, kostspielige und teilweise bauverhindernde Auflagen gemacht würden und andererseits „um des schnöden Mammons willen“ solche neuen unpassenden Bauprojekte gestattet würden.

Die UWG werde zudem von der Sorge umgetrieben, dass bei den auf der angrenzenden „Ritterwiese“ vorgesehenen Neubauten von Studentenwohnungen weitere wertvolle historische Bodenfunde „zubetoniert“ würden. Es sei schon bei den jetzt freigelegten Mauerresten zu erkennen, dass sie sich nach mehreren Seiten fortsetzen.

Das einzig Tröstliche sei noch, dass zumindest die Reihenhäuser nicht unterkellert würden, sondern die Abdeckung der Grabungsstätte mit fließfähigem und spatenlöslichem Füllmaterial erfolge, die den Erhalt der historischen Relikte sichere. Darauf werde dann beim Bau eine dicke Schotterschicht aufgebracht, auf der extrabreite Fundamente gegossen würden, um den Druck der Gebäudegewichte besser zu verteilen.

Fazit der UWG: nach dem Elvis-Presley-Platz werde hier eine weitere Chance vertan, Historie sichtbar zu machen. Gerade in der Burg wäre es möglich gewesen, bestens vom Adolfsturm einsehbar, z.B. eine Art „Epochenpark“ zur Darstellung von 2.000 Jahren Stadtgeschichte anzulegen.