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Kreishandwerkerschaft: Heftiger Gegenwind zum neuen GeschÀftsstellenleiter

Den neuen GeschĂ€ftsstellenleiter der Kreishandwerkerschaft Odenwald prĂ€sentierten HandwerkskammerprĂ€sident Bernd Ehinger (3. von rechts) und Kreishandwerksmeister Ludwig Jung (2. von links) mit dem frĂŒheren evangelischen Pfarrer und jahrelangen Erbacher BĂŒrgermeister Harald Buschmann (2. von rechts). Mit dabei die Pressesprecherin der Handwerkskammer Frankfurt Rhein-Main, Patricia Borna und der zum Jahresende scheidende GeschĂ€ftsfĂŒhrer der Kreishandwerkerschaft Michael Gölz (rechts). Foto: er

Harald Buschmanns KĂŒr zum GeschĂ€ftsstellenleiter der OdenwĂ€lder Kreishandwerkerschaft ist stark problembehaftet

ODENWALDKREIS / ERBACH. - „Die Kreishandwerkerschaft Odenwald und die Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main setzen ihre Zusammenarbeit im Odenwaldkreis im kommenden Jahr fort. Zum Jahresanfang wird Harald Buschmann als GeschĂ€ftsstellenleiter der Handwerkskammer in der Kreishandwerkerschaft die Nachfolge von Michael Gölz antreten, der sich neuen Herausforderungen stellen wird.“

So lautet die lapidare Pressemitteilung, die Kreishandwerksmeister Ludwig Jung und Bernd Ehinger, PrÀsident der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, am gestrigen Donnerstag, 29. November, ihren Mitgliedsbetrieben, und am heutigen Freitag den Medien bekannt gaben.

Damit wurde jetzt ofiziell bestÀtigt, was FACT bereits am 12. November exklusiv berichtete unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews.

OdenwĂ€lder Handwerksmeister erbost ĂŒber die Verfahrensweise zur Stellenbesetzung

Doch dahinter steckt viel mehr, wie mehrere Handwerksmeister aus dem Odenwald inzwischen erbost berichten. „Unfassbar.“ „Ohne Worte.“ So lauten die harmloseren Kommentare nach Bekanntwerden der Personalie Harald Buschmann zum neuen GeschĂ€ftsstellenleiter der Kreishandwerkerschaft Odenwald.

Zahlreiche Handwerksmeister der insgesamt neun Innungen der OdenwĂ€lder Kreishandwerkerschaft sind insbesondere erbost ĂŒber die Kandidatenwahl. So sei speziell die Ausschreibung der ab 1.1.2019 offenen Stelle „nicht ordnungsgemĂ€ĂŸ gelaufen“.

„Potentiellen Bewerber vom Vorstand im Vorfeld schon von einer Bewerbung abgehalten“

Nach mehreren Insider-Schilderungen sei ein potentieller Bewerber „vom Vorstand im Vorfeld schon von einer Bewerbung abgehalten worden, weil die Entscheidung schon gefallen sei“. Zwei weitere Bewerber seien erst gar nicht zu BewerbergesprĂ€chen eingeladen worden, berichtet ein anderer Handwerksmeister.

In der Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen GeschĂ€ftsstellenleiters bestĂ€tigte Kreishandwerksmeister Ludwig Jung diese Version indirekt: „Unser Noch-GeschĂ€ftsfĂŒhrer Michael Gölz hat auf eigenen Wunsch zum 31.12.2018 seinen Anstellungsvertrag gekĂŒndigt.

„Als Nachfolger konnten wir nach einigen VorgesprĂ€chen Harald Buschmann gewinnen“

Mich persönlich hat das einigermaßen ĂŒberrascht, da wir seit nunmehr zehn Jahren sehr gut, und wie ich meine, erfolgreich zusammengearbeitet haben“, sagte Jung.

„Als Nachfolger in diesem Amt konnten wir nach einigen VorgesprĂ€chen Harald Buschmann gewinnen. Wir kennen uns nunmehr auch schon seit einigen Jahren aus verschiedenen Organisationen und von Veranstaltungen, insbesondere auch aus der Zusammenarbeit im Verwaltungsrat der Sparkasse. Daher sind wir uns nicht ganz unbekannt.“

Er sei sich „auch sicher, dass wir mit Herrn Buschmann einen sehr kompetenten und engagierten Mann fĂŒr dieses Amt gewinnen konnten, der die sicher nicht ganz einfachen Aufgaben, die wir in der Zukunft zu bewĂ€ltigen haben, sehr gut und gewissenhaft erledigen wird.“

„Waren beim Wechsel in der GeschĂ€ftsleitung sehr eng bei diesem Thema im GesprĂ€ch“

Besonderen Dank sagte Jung in diesem Zusammenhang der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main „in Person unseres PrĂ€sidenten Bernd Ehinger fĂŒr die gute Zusammenarbeit und die UnterstĂŒtzung in vielfacher Hinsicht“.

Bernd Ehinger ergĂ€nzte: „Wir waren beim Wechsel in der GeschĂ€ftsleitung sehr eng bei diesem Thema im GesprĂ€ch und ich glaube, dass diese GesprĂ€che zur richtigen Entscheidung gefĂŒhrt haben, die wir auch gemeinschaftlich nach außen vertreten. Ich habe nicht nur den Eindruck gewonnen, sondern bin ĂŒberzeugt, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben.“

„Bin froh Herrn Buschmann gewonnen zu haben und bin sicher, das ist die richtige Lösung“

Es sei fĂŒr die Kammer „unheimlich wichtig, dass wir in den einzelnen Regionen verlĂ€ssliche Personen haben, die die Region kennen, und uns richtig vertreten können. Ich glaube da haben wir mit Herrn Buschmann die richtige Person gefunden, die diese Region nicht nur kennt, sondern auch weiß wo anzupacken ist und die Probleme der Mitgliedsbetriebe ermittelt, um Hilfestellungen zu leisten, bei Fragen: Was ist zu tun, wie können wir es organisieren?

Insofern bin ich froh Herrn Buschmann dafĂŒr gewonnen zu haben und bin sicher, dass das die richtige Lösung ist.“

„Theologe als Nachfolger eines Wirtschaftsjuristen kann niemals die richtige Lösung sein“

Das sehen zahlreiche Vertreter aus den Mitgliedsbetrieben vor Ort jedoch wesentlich anders. „Ein Theologe als Nachfolger eines Wirtschaftsjuristen in der faktischen Position des GeschĂ€ftsfĂŒhrers unserer Kreishandwerkerschaft kann niemals die richtige Lösung sein“, Ă€ußert sich ein Handwerksmeister dazu.

Insbesondere wird bemĂ€ngelt, dass es offenbar keinen richtigen Wettbewerb bei der Stellenbesetzung gab. Auf Nachfrage erklĂ€rte Bernd Ehinger, die Stelle sei „von der Kammer extern ausgeschrieben“ gewesen. Der KammerprĂ€sident konnte jedoch weder die Frage nach dem Ausschreibungszeitraum beantworten, noch die Zahl der Bewerber benennen.

„Stelle wurde auf den digitalen KanĂ€len und hausintern veröffentlicht“

„Wir sind eine Anstalt des öffentlichen Rechts und als solche an ordnungsgemĂ€ĂŸe Ausschreibungen inklusive der Beteiligung des Betriebsrates gebunden“, sagte Ehinger. Pressesprecherin Patricia Borna ergĂ€nzte dazu: „Die Stelle fĂŒr die Position des GeschĂ€ftsstellenleiters wurde auf den digitalen KanĂ€len und hausintern veröffentlicht.“

Nach Aussage eines Innungsobermeisters soll es allerdings keine PersonalgesprĂ€che mit weiteren Bewerbern gegeben haben. Vielmehr habe man dem Wunschkandidat des Kreishandwerksmeisters schon vorab einen 450-Euro-Job bei der Kreishandwerkerschaft ĂŒbertragen, damit er sich in sein neues Arbeitsfeld einarbeiten könne.

Auf Anfrage bestĂ€tigte Patricia Borna „die Zahl von mindestens zwei Bewerbern“, und sagte weiter: „VorstellungsgesprĂ€che wurden nach Fristende gefĂŒhrt. DarĂŒber, mit wie vielen Bewerbern gesprochen wurde, bzw. wie viele Bewerbungen vorlagen, können wir aus datenschutzrechtlichen GrĂŒnden keine Auskunft erteilen.“

„In einer Phase der Regenerierung Luft geschnappt“

Harald Buschmann selbst sagte, das OdenwĂ€lder Handwerk und einzelne Betriebe seien ihm nicht ganz unbekannt. Er sei seit seinem Ausscheiden aus dem BĂŒrgermeisteramt im Juli in „eine Phase der Regenerierung getreten, und konnte Luft schnappen nach 18 Jahren BĂŒrgermeistertĂ€tigkeit in Erbach“.

Das sei notwendig gewesen, denn da sei „kaum ein Abend oder ein Wochenende gewesen, wo man mal nicht im Einsatz ist“. Das habe „ganz gut getan“ und jetzt wolle er sich nach einer reiflichen Überlegungsphase „in der wir alles geprĂŒft und ĂŒberlegt haben, ob wir nicht an anderer Stelle ganz neu anfangen wollen“ der neuen Aufgabe bei der Kreishandwerkerschaft stellen.

„Emotionale Bindung entstanden, die auch durch Probleme nicht wegzuwischen sind“

„Je mehr wir uns mit dem Gedanken befasst haben, woanders hinzugehen, haben wir erst gemerkt, wie sehr unser Herz am Odenwaldkreis und speziell an der Stadt Erbach hĂ€ngt. Wenn man ĂŒber 20 Jahre in einer Region lebt und Beziehung aufgebaut hat, dann lĂ€sst sich das nicht so leicht beiseite schieben.“

Da sei eine „emotionale Bindung entstanden, die auch durch Probleme, die sicher mal irgendwo auftreten können, und Phasen, wo es mal nicht so optimal lĂ€uft, nicht wegzuwischen sind“. Insofern freue er sich jetzt besonders auf die neue Aufgabe als GeschĂ€ftsstellenleiter bei der Kreishandwerkerschaft Odenwald, sagte Buschmann.

„GlĂŒcklich, dass es hier eine neue Chance, eine neue Perspektive in meinem Arbeitsleben gibt“

Deshalb sei er glĂŒcklich gewesen, als er erfahren habe, „dass es hier eine neue Chance, eine neue Perspektive in meinem Arbeitsleben gibt, und habe mich sehr freudig auf diese Kontakte und GesprĂ€che eingelassen.“ Er habe sehr schnell gemerkt, dass das eine Aufgabe sei, die sehr gut zu seiner beruflichen und persönlichen Entwicklung passe.

Er könne sicher vieles von dem, was in den letzten zwanzig Jahren seine Arbeit als BĂŒrgermeister ausgemacht habe, hier an Schnittmengen einbringen. Hier sei man „fĂŒr die Grundversorgung der Menschen zustĂ€ndig“. Insofern könne er seine Arbeit wieder aufnehmen „in einem Bereich, der auch ein StĂŒck ideellen Wert hat“.

„Nochmal was machen, was ich mit Begeisterung fĂŒr die Gesellschaft angehen kann“

Er wollte einfach nochmal was machen, was er „mit Begeisterung und Engagement fĂŒr die Gesellschaft angehen“ könne. Dazu wolle er seine Verbindungen in den Nachbarkreis Dieburg, wo er geboren sei, aufleben lassen, und könne sein „großes Netzwerk, das ich mir in den vergangenen 20 Jahren aufgebaut habe, nutzen und auch meine politischen Verbindungen nach Frankfurt und Wiesbaden in dieser Position einbringen“.

Die Handwerkskammer mit Sitz in Frankfurt brauche verlĂ€ssliche Partner in den Regionen. Nur so ließen sich Probleme einzelner Betriebe gemeinschaftlich mit den Kreishandwerkerschaften und der Handwerkskammer lösen, sagte der KammerprĂ€sident.

Explizit sprach Ehinger die Ausbildung und damit die Standortfrage bei den Berufsschulen an. Hier seien allen Mitgliedsbetrieben Hilfestellungen zu gewÀhren. Hier sei in lÀndlichen Regionen auch an unterbesetzten Berufsschulklassen festzuhalten. Das Handwerk sei sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung durchaus bewusst.

Rund 900 Kammerbetriebe im Odenwaldkreis, davon gut die HĂ€lfte in neun Innungen vertreten

In diesem Zusammenhang nannte der KammerprĂ€sident die Zahl von 75.000 Handwerksbetrieben in Hessen mit 360.000 BeschĂ€ftigten, mit rund 28.000 Lehrlingen in der Ausbildung, darunter mehr als 3.000 FlĂŒchtlinge.

Im Odenwaldkreis gibt es rund 900 Kammerbetriebe, davon sind gut die HĂ€lfte in den neun Innungen, die in vier Bereichen kreisĂŒbergreifend mit dem Nachbarkreis Darmstadt-Dieburg verzahnt sind, vertreten.

Dank an den scheidenden Michael Gölz

Michael Gölz habe ein Angebot von einem Verband, dessen GeschĂ€ftsstelle in der NĂ€he seines Wohnortes liege, hatte Ludwig Jung eingangs erlĂ€utert. So sei es verstĂ€ndlich, dass er dieses Angebot angenommen habe und fĂŒr ihn kĂŒnftig die lange Wegstrecke zu seinem Arbeitsplatz in Erbach entfalle. Positiv sei dabei zu sehen, dass er dem Handwerk irgendwie auch bei seiner kĂŒnftigen TĂ€tigkeit erhalten bleibe.

Besonderen Dank sagte Ludwig Jung dem scheidenden GeschĂ€ftsfĂŒhrer fĂŒr seine geleistete Arbeit fĂŒr das OdenwĂ€lder Handwerk und wĂŒnschte ihm fĂŒr seine weitere TĂ€tigkeit alles Gute. Die offizielle Verabschiedung Gölz' werde zu einem spĂ€teren Zeitpunkt erfolgen.