Preisbindung für rezeptpflichtige Arzneimittel bleibt in Deutschland bestehen
HESSEN / ODENWALDKREIS. - „Soeben endet mein Nachtdienst für einen Patienten-Bereich von etwa 20.000 Einwohnern im hinteren Odenwald. Resümé: alle anderthalb Stunden Erkältungsmedikation inklusive Antibiotika, einmal „Pille danach“, dann Notfall-Medikation an einen diensthabenden Arzt.
Also kein Larifari, der auf die lange Bank zu schieben wäre. Im fliegenden Wechsel werde ich jetzt in der Tages-Schicht der Apotheke Lützelbach, für die ich seit 35 Jahren als Leiter Verantwortung trage, bis heute Abend 18 Uhr weiter die Stellung halten“, bilanziert Apotheker Dr. Detlef Eichberg nach einer Bereitschaftsnacht im Dienste der Gesundheit der Landbevölkerung.
„Nun aber zum eigentlichen Anlass meines Versleins: Aus der Beilage der jüngsten Ausgabe des Informationsblattes der Landesapothekerkammer Hessen geht hervor, dass der Europäische Gerichtshof die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente aufgehoben hat.
Jedoch nicht für die deutschen Apotheken. Nun trifft es wohl zu, dass die sechziger bis Mitte achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts für Pillendreher ein wahres Schlaraffenland waren. Das hat sich jedoch Anfang der Neunziger dramatisch geändert.
Hier im Dorf wird mir immer noch nicht abgenommen, dass wir einen Pauschal-Aufschlag auf verschreibungspflichtige Arzneimittel von 6.10 Euro für gesetzliche Krankenkassen „verdienen“. Für die Anfertigung einer Individual-Rezeptur bekommen wir eine Pauschal-Vergütung von 3,80 Euro und haben nicht selten eine dreiviertel Stunde daran zu beißen.
Nicht eingerechnet die Plausibilitäts-Prüfung und Anfertigung des 5 Jahre aufzuhebenden Herstellung-Protokolls. Somit sind die wahren Preistreiber im Gesundheitssystem aus meiner Sicht die Pharma-Hersteller.
Zur weiter für deutsche Apotheken bestehen bleibenden Preisbindung verweise ich nochmals auf das Statement der Apothekerkammer Hessen in der Beilage, aus dem hervorgeht, dass die Gefahr besteht, dass ausländische Schnäppchen-Anbieter, die aufgrund der Aufhebung der Preisbindung im Ausland unseren akademischen Heilberuf auf Krämer-Niveau abwerten, hundert Pro zuschlagen werden, wenn sie die Mitbewerber platt gemacht haben und alsdann die Preise diktieren können.
Möge künftig niemand in einer Medikations-Notlage auf den Versandhandel angewiesen sein – zu Risiken und Nebenwirkungen frage dann Hermes oder DHL“, konstatiert Dr. Eichberg abschließend.
INFO: Am 19.Oktober 2016 hob der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel (RX-Arzneimittel) aus dem europäischen Ausland auf. Somit wurde das bisherige Verbot für Boni auf verschreibungs-pflichtige Medikamente aus Staaten der europäischen Union gekippt. Für deutsche Apotheken bleibt das Verbot für Rabatte auf RX-AM jedoch weiterhin erhalten.
Hier eine Information der Landesapothekerkammer Hessen zum Beibehalt der Preisbindung in deutschen Apotheken:
>Die Arzneimittelpreisverordnung und damit die Preisbindung bei den Arzneimitteln gilt nach wie vor für deutsche Apotheken. Die Preisbindung bei Arzneimitteln dient dem Schutz der Bevölkerung und dem Sozialsystem.
Nur durch die Preisbindung kann das System der Kostenübernahme von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln durch die Krankenkassen mittels einer geringen Zuzahlung durch den Patienten aufrechterhalten bleiben.
Wenn die Preisbindung aufgegeben würde, könnten die Preise willkürlich festgesetzt werden, dies würde allerdings keineswegs bedeuten, dass die Preise für Arzneimittel fallen würden, vielmehr könnte auch der gegenteilige Effekt eintreten und die Preise für einzelne Arzneimittel unverhältnismäßig in die Höhe gehen.
Die Preisbindung schützt Sie als Patienten somit davor, dass die Preise von Arzneimitteln willkürlich festgelegt werden könnten und so Ihre Notlage durch überteuerte Preisforderungen ausgenutzt werden könnte, z.B. bei erhöhtem Arzneimittelbedarf während einer Grippewelle.
Des Weiteren sorgt die Preisbindung dafür, dass auch die Landapotheke gestärkt wird und nicht durch den Preiskampf zur Schließung gezwungen werden würde. Die Interessen der Bevölkerung liegen in der wohnortnahen Versorgung mit Arzneimitteln, diese soll auch weiterhin gewährleistet sein. Die Discount-Apotheke ohne vernünftige und kompetente Beratung kann nicht das Ziel bei dem Umgang mit dem sensiblen Produkt Arzneimittel sein.
Das Urteil hat keine Auswirkungen auf die Arzneimittelversorgung aus einer deutschen Apotheke. Nach wie vor genießen Sie die Vorzüge der flächendeckenden, wohnortnahen Versorgung von Arzneimitteln rund um die Uhr.
Sie erhalten Ihre Arzneimittel in jeder Apotheke zum gleichen Preis. Sie sind davor geschützt, dass Preiskämpfe in der Arzneimittelversorgung entstehen und auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden. Ihre Gesundheit sollte es Ihnen wert sein, dass die Preisbindung erhalten bleibt.<
Weitere Infos unter: http://www.apotheke-adhoc.de//nachrichten/nachricht-detail/eugh-urteil-seit-1834-uhr-rollt-die-abda-kampagne/ und: http://www.apotheke-adhoc.de//nachrichten/nachricht-detail/interview-dr-morton-douglas-jetzt-muessen-sich-die-kassen-zu-den-apotheken-bekennen/