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Woche junger Schauspieler: Günther-Rühle-Preis für Lucia Kotikova

Lucia Kotikova war nach Darstellung der Jury die überzeugendste Darstellerin bei der diesjährigen Woche der jungen Schauspieler im Bensheimer Parktheater. Für ihren Auftritt mit „Blutbuch“ des Theater Bern erhielt sie den Günther-Rühle-Preis. Foto: Yoshiko Kusano

Preisvergabe am Abschlussabend des Bensheimer Theaterfestivals

BENSHEIM. - Mit ihrer packenden, körperlichen Interpretation überzeugte Lucia Kotikova bei der diesjährigen „Woche“ nicht nur Theaterkenner.

Bei der 30. Woche junger Schauspieler stand sie mit „Blutbuch“ (Theater Bern) auf der Bühne des Bensheimer Parktheaters – und hinterließ nachhaltig Eindruck. Zum Abschluss des beliebten Festivals im Eysoldt-Foyer am Donnerstag, 27.März, wurde ihr daher der Günther-Rühle-Preis verliehen.

Die Jury, bestehend aus Christiane Altenburg (Verlag der Autoren), Florian Krumb (Gymnasiallehrer und Leiter der Theater-AG am Alten Kurfürstlichen Gymnasium in Bensheim) und Paul Berg (Dramaturg am Theater Heidelberg) würdigte damit Kotikovas überragendes und „virtuoses Spiel“ im Soloabend „Blutbuch“ (nach dem vielfach ausgezeichneten Roman von Kim de l’Horizon).

„Dieses wurde zu einer Sammellinse des Texts“, wie es in der Laudatio der Jury heißt: „Diese Linse bündelte, sie intensivierte und – wenn wir sie lange genug lassen – brennt sie auch das eine oder andere Papier durch und hinterlässt Spuren (…).

Fragil und gleichzeitig kontrolliert brillierte Kotikova in einem virtuosen Spiel mit Brüchen, mit purer Durchlässigkeit für eine Amplitude an Tönen und erzählerischem Sog. Die Grenzen zwischen Bühne und Publikum lösten sich auf, wurden zu emotionaler Nähe oder distanzierter Reflexion.

Ihr Spiel wurde zu einem verbindenden Glied, das mit herausstechender Direktheit genau dahin zielte, wo es Resonanz erzeugt.“ Dieser schauspielerische Widerhall war bleibend und wurde mit dem Günther-Rühle-Preis in Höhe von 3.000 Euro prämiert.

Mit ihrer Solo-Darstellung überzeugte Lilly-Marie Vogler in „Iphigenies Rache“ das diesjährige Publikum. Als Schauspielerin und zugleich Autorin des Auftaktstücks der „Woche“ warf Vogler einen neuen Blick auf die Rolle der Frau und hinterfragte inmitten des antiken Mythos moderne patriarchale Strukturen.

Dabei verkörperte sie verschiedene Charaktere und fesselte die Zuschauerinnen und Zuschauer über anderthalb Stunden mit der antiken Tragödie – völlig neu erzählt und eine beeindruckende Leistung, für die die junge Schauspielerin mit dem Publikumspreis geehrt wurde. Auch in diesem Jahr wurde die Trophäe von den Meistern für Veranstaltungstechnik im Parktheater gestaltet.

Schülerinnen und Schüler des Alten Kurfürstlichen Gymnasiums gaben im Zuge des Projekts „Theaterkritik“, unter der Leitung von Raphael Kassner, ebenfalls ihr Votum für die ihrer Meinung nach beste Inszenierung ab.

Mit „Das schweigende Mädchen“ von Elfriede Jelinek hinterließ ein herausforderndes Theaterstück bei Dana Brückner, Mina Evelyn Gunther, Finn Kostial, Ronja Richter einen besonderen Eindruck. Im Mittelpunkt des Stücks steht die Rechtsextremistin Beate Zschäpe und das Schweigen im NSU-Prozess.

Die Interpretation des „hochkomplexen Textes“ von Jelinek, der vom Ensemble der Universität Mozarteum Salzburg „lebendig auf die Bühne gebracht wurde“, setzt sich mit den Themen Rassismus, Rechtsextremismus und gesellschaftliches Schweigen in Deutschland auseinander und beeindruckte die junge Jury vor allem durch eine intensive Bildsprache und Symbolik.

Bürgermeisterin Christine Klein bedankte sich nicht nur bei den Schülerinnen und Schülern, sondern bei allen Beteiligten für ihr Engagement rund um die Woche junger Schauspieler:

Angefangen bei den Mitarbeitern der Stadtkultur über die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste bis hin zu den Jury-Mitgliedern sowie den Sponsoren, ohne die das Festival nicht möglich gewesen wäre.

Die neue Jury – bestehend aus Johanna Wehner (Vorsitz), Amina Eisner, Bernd Isele und Katrin Spira hatte die fünf Stücke ausgewählt, die seit Anfang März im Rahmen der Veranstaltung gezeigt wurden.

Der von der Stadt gestiftete Günther-Rühle-Preis, benannt nach dem Ehrenpräsidenten der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste, wird seit 2003 vergeben. Seit 2009 wird er im Namen des vor dreieinhalb Jahren verstorbenen Theaterkritikers und Schauspielintendanten verliehen.

Die Förderung der jungen Schauspielkunst und des Theaternachwuchses ist eine der wichtigsten Aufgaben der Akademie für Darstellende Künste. Mit der Woche junger Schauspieler, die seit 1996 in Bensheim stattfindet, kommt die Akademie dieser Mission auf besondere Weise nach.

Veranstalter ist der Eigenbetrieb Stadtkultur Bensheim gemeinsam mit der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste und der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen.

Gefördert wird sie zudem von der Sparkasse Bensheim, der Jubiläumsstiftung der Sparkasse Bensheim, dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, der Bürgerstiftung und vom Bergsträßer Anzeiger.