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Erbach: Deutsches Elfenbeinmuseum noch immer heimatlos

Der Leiter der Verwaltung der Staatlichen Schlösser- und Gärten in Hessen Karl Weber, hier mit Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann, kann aktuell noch keinen konkreten Termin zur Eröffnung des Deutschen Elfebeinmuseums in den Räumen des Erbacher Schlosses benennen. Foto: djv-Bildportal

Terminpoker um Fertigstellung und Eröffnung des weltweit einzigartigen Spezialmuseums dieser Art: Jetzt ist der Terminkalender des Ministerpräsidenten als Schuldiger für die Verzögerungen ausgemacht + + + Kostenrahmen deutlich gesprengt? + + + Fachkreise regen wichtige, bisher unbeachtete Neuerungen an

WIESBADEN / ERBACH. - Die Kuriositäten rund um das Deutsche Elfenbeinmuseum in der Odenwälder Kreisstadt feiern fröhliche Urständ. Aktuell steht noch immer kein Termin fest, zu dem das Elfenbeinmuseum im Erbacher Schloss eröffnet werden kann.

Mitte August vergangenen Jahres verkündete das hessische Kultusministerium die Rettung des vor dem Aus stehenden Elfenbeinmuseums. Die Schließung des weltweit einzigartigen Spezialmuseums dieser Art sei abgewendet. Es sollte im Frühjahr 2016 Platz im Gräflichen Schloss finden.

In dem 2005 erworbenen Schloss im Zentrum Erbachs schaffe das Land in mehreren Räumlichkeiten Platz für die Exponate und wollte für Umzug, Sanierung und Einrichtung der Ausstellungsräume eine Million Euro bereitstellen, wie Hessens Wissenschafts- und Kunstminister Boris Rhein (CDU) damals erklärte.

Die Sammlung von Elfenbeinschnitzereien soll im Besitz der Stadt bleiben, die sich ihrerseits am künftigen Betrieb durch die Betriebsgesellschaft Schloss Erbach GmbH finanziell beteiligt. Bisher nicht genutzte Depoträume im Erdgeschoss des Schlosses sollten die Elfenbeinsammlung aufnehmen. Die jährlichen Kosten für das Elfenbeinmuseum würden für die Stadt dann bei 60.000 Euro gedeckelt.

Zum 31. Dezember 2015 wurde das Museum dann geschlossen. Es sollte zügig in Räume des Schlosses Erbach umziehen und dort zu Saisonbeginn im Frühjahr 2016 weitergeführt werden. Diesen Ankündigungen folgten jedoch -wenn überhaupt- zunächst nur spärliche Taten.

Umgesetzt wurde also lediglich die Schließung des Museums am seitherigen Standort in der Werner-Borchers-Halle am nordöstlichen Rand des Erbacher Sportparks zum Jahresende 2015.

Auch der Umzug der Elfenbeinschnitzerwerkstatt in den Museumsshop in einem Nebengebäude des Schlosses erfolgte im vorgesehenen Zeitfenster und konnte im März den Betrieb wieder aufnehmen.

Zur Eröffnung der Schnitzerwerkstatt gab Erbachs Bürgermeister Harald Buschmann bekannt, der Eröffnungstermin für das Elfenbeinmuseum verzögere sich und solle auf einen Termin „vor dem Erbacher Wiesenmarkt“ verlegt werden.

Auf eine FACT-Anfrage beim leitenden Direktor der Verwaltung der Staatlichen Schlösser- und Gärten in Hessen, Karl Weber (Bad Homburg), als dem für den Umbau zuständigen Resort der hessischen Landesregierung, erklärte dieser im April, diverse Unwägbarkeiten hätten den ursprünglichen Zeitplan gesprengt, der neue Fertigstellungstermin aber sei fixiert.

„Wir sind im Zeitplan und werden Anfang Juli mit den Umbauarbeiten fertig sein.“ Ein Eröffnungstermin „noch vor dem Wiesenmarkt“ (Anm. d. Red.: 22. bis 31. Juli) sei indes nicht möglich, weil zur Eröffnung zunächst noch ein Termin mit dem Büro des Ministerpräsidenten abgestimmt werden müsse. Der Landesvater aber habe urlaubsbedingt in dieser Zeit nur wenig Terminspielräume.

Die seitherige Ruhe veranlasste die FACT-Redaktion jetzt zu einer weiteren Anfrage bei Karl Weber. Dieser erklärte aktuell: „Wir sind bis Mitte August mit dem Umbau fertig, ein Eröffnungstermin kann etwa Mitte September erfolgen.“

Einen exakten Termin könne er derzeit jedoch noch immer nicht nennen, denn der Terminvorschlag aus dem Büro des Ministerpräsidenten stehe noch aus. Und der Ministerpräsident dürfe bei „einem solch wichtigen Termin natürlich nicht fehlen“.

Zu den entstehenden Kosten wollte Weber keine Aussage machen. Insider sprechen jedoch davon, dass der geplante Kostenrahmen von einer Million Euro deutlich überschritten werde, zumal die zur ordnungsgemäßen Präsentation der Elfenbein-Exponate erforderliche Klimatisierung der Räume nur in Spezialvitrinen erfolgen kann, weil die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten im Erbacher Schloss den Erfordernissen nicht entsprechen. Der Bau dieser Vitrinen ist beauftragt.

Bezüglich der Ausgestaltung des Museums in den neuen Räumlichkeiten sollte ein wichtiger Aspekt in der Dauerausstellung unbedingt neu beachtet werden. Bernhard Röck, der Erbacher Designer / Elfenbeinschnitzer erklärt hierzu: „Nahezu alle figürlichen Kunstwerke, Musikinstrumente (Flöten) und gestaltete Schmuckstücke aus der Zeitspanne des Aurignacien sind aus dem Grund bis heute erhalten, weil sie aus Mammut-Elfenbein geschnitzt wurden.

Es waren somit Elfenbeinschnitzer, die vor über 40.000 Jahren erste von Menschen gestaltete Kunstwerke, Schmuck und Musikinstrumente erdachten und herstellten. Sie benutzten den unvergleichlichen, einzigartigen Werkstoff Mammut-Elfenbein, den die Elfenbeinschnitzer heute ebenfalls verwenden.

Das Elfenbeinschnitzer-Handwerk sei nicht nur das älteste, auch das faszinierendste aller immateriellen Kulturgüter. Archäologen und andere Forscher hätten ein großes wissenschaftliches Interesse daran, den traditionsreichen Beruf des Elfenbeinschnitzers zu schützen und somit zu erhalten.

„Durch eine attraktive, spannende Präsentation des Themas im neuen Deutschen Elfenbeinmuseum im Erbacher Schloss, könnte das negative Image des Elfenbein-verarbeitenden Handwerks nachhaltig verbessert werden“, ist Bernhard Röck sicher.

Hintergrund: Im August 2013 wurde das Deutsche Elfenbeinmuseum in die Rote Liste Kultur des Deutschen Kulturrates aufgenommen und in die Kategorie 1 als >von der Schließung bedroht< eingestuft.

Die Odenwälder Kreisstadt Erbach als bislang alleiniger Kostenträger sah sich nach den Vorgaben des Kommunalen Schutzschirms des Landes Hessen nicht länger in der Lage, die Kosten des Museumsbetriebs zu finanzieren.

Der Impuls zur Museumsgründung am 29. Oktober 1966 ging auf die 400 Exponate umfassende Elfenbeinausstellung zum Hessentag 1962 in Michelstadt zurück. In der Folgezeit gelang es dem Gründungsdirektor Dr. Hans-Werner Hegemann, einen Grundbestand zusammenstellen, der im neu erbauten Bürgerhaus zunächst als Erbacher Elfenbeinmuseum und, nach ständiger Erweiterung seit 1976 als Deutsches Elfenbeinmuseum Erbach gezeigt wurde.

Zwei Erweiterungsbauten 1977 und 1984 trugen dem weiteren Ausbau der Sammlungen Rechnung. Im Jahr 2006 wurde das Museum mit einem immensen Kostenaufwand von deutlich mehr als 800.000 Euro, wovon der Stadt Erbach 200.000 Euro als Fördermittel zugesteuert worden waren, nochmals erweitert und modernisiert.